Trumps Twittersperre hat für Debatten um sogenanntes Deplatforming gesorgt.

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Das im Dezember von der EU-Kommission vorgelegte zur Regulierung von Internet-Plattformen enthält nach Worten des EU-Kommissionsvertreters in Wien, Martin Selmayr, bereits alle Antworten, die sich rund um die Sperre des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump durch Twitter und andere soziale Medien stellen. Selmayr kritisierte die Entscheidung der US-Konzerne als "nicht die allermutigste". Diese hätten erst reagiert, als Trump sich anschickte, das Weiße Haus zu verlassen.

Abwägung zwischen Freiheiten

Demgegenüber habe die EU-Kommission für Europa schon vor dem Sturm auf das US-Kapitol zwei grundlegende Verordnungen vorgeschlagen – das Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) sowie das Gesetz für digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA). Für ersteres würden drei Prinzipien gelten: die Sicherheit der User sei auch im digitalen Raum zu schützen, wobei es eine Abwägung zu Meinungs- und Informationsfreiheiten gebe. Internet-Unternehmen müssten zwar keine Algorithmen offenlegen, aber ihre Kriterien erklären. Und Recht müsse auf dem europäischen Marktplatz auch durch Sanktionen und Geldstrafen durchgesetzt werden wie bei der EU-Datenschutz-Grundverordnung, sagte Selmayr.

Beim DMA gehe es um fairen Wettbewerb. So müsse klar sein, dass Unternehmen keine Möglichkeit hätten, Daten unbegrenzt zu horten. Wettbewerber dürfen durch Vorinstallationen nicht ausgeschlossen werden und andere Dienste seien gleich wie die eigenen Dienste zu behandeln.

Länder hinter Grundsätzen

Selmayr sieht Chancen, dass beide EU-Gesetze nach etwa zwei Jahren beschlossen werden. Während die EU-Kommission um den Konsens bei der Datenschutz-Grundverordnung noch kämpfen musste, stünden heute Deutschland, Frankreich und Österreich hinter den Grundsätzen in den beiden Vorschlägen. Die EU müsse gemeinsam internationale Standards setzen, anstatt diese nur nachzuvollziehen, forderte der EU-Kommissionsvertreter.

Zwei Ereignisse hätten das Bild des Internets als "Raum der Freiheit" erschüttert, sagte Selmayr: erstens die Enthüllungen des US-Whistleblower Edward Snowden über die Massenüberwachung durch US-Geheimdienste, zweitens die Wahl von Trump. Diese habe gezeigt, dass es nicht selbstverständlich sei, dass die USA und Europa dieselben Werte teilten. (APA, 19.1.2020)