Irit Bahar (li.) und ihr 78-jähriger Patient.

Foto: Corneat
Foto: Corneat

"Es war sehr bewegend, im Raum wurden viele Tränen vergossen": So beschreibt Gilad Litvin den Moment, in dem einem 78-jährigen Mann die Augenbandagen entfernt wurden und er zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder etwas sehen konnte. Möglich wurde das durch eine künstliche Hornhaut, berichtet das von Litvin mitgegründete Start-up Corneat Vision, das das Implantat entwickelt hat.

Das Implantat aus Israel nennt sich "KPro" und soll die biologische Hornhaut ersetzen, wenn sie verletzt, stark deformiert oder getrübt wurde. Es wird angenäht und wächst dank Nanostrukturen, die dem körpereigenen Gewebe ähneln, binnen weniger Wochen am Augenrandbereich an. Der chirurgische Eingriff ist laut dem Unternehmen unkompliziert und dauert lediglich rund 45 Minuten.

Keine Spender-Hornhaut nötig

Ein entscheidender Vorteil liegt darin, das keinerlei Spendergewebe erforderlich ist. Implantiert wird die künstliche Hornhaut unter der Bindehaut (Konjunktiva), einem Gewebe mit guter Blutversorgung, das besser und schneller ausheilt als die Hornhautschicht. Zudem soll das Risiko von Krankheitsübertragungen und Infektionen im Vergleich zur Verpflanzung einer Spender-Hornhaut reduziert sein.

CorNeat Vision

Durchgeführt wurde die erste Verpflanzung vor einigen Tagen von Irit Bahar, die das Zentrum für Augenheilkunde am Rabin Medical Center in Petah Tikva leitet. Der Eingriff sei komplikationslos verlaufen und habe "alle Erwartungen übertroffen", wird sie zitiert. Der Patient konnte demnach Familienmitglieder erkennen und auch bereits Text lesen.

Meilenstein

Für Corneat stellt dieses Ergebnis einen wichtigen Meilenstein dar. Der Eingriff ist Teil einer klinischen Studie, für die zehn Patienten ausgewählt wurden. Dabei handelt es sich um Personen, die kein biologisches Hornhauttransplantat empfangen können oder bei denen eine solche Transplantation bereits einmal gescheitert ist.

Noch heuer soll eine zweite Testreihe starten, was den nächsten Schritt zu einer allgemeinen Zulassung als Alternative zu gängiger Keratoplastik darstellt. Künftig soll KPro potenziell Millionen Betroffenen eine bessere und schnellere Lösung bieten, zumal der Verzicht auf Spendergewebe die Wartezeit bis zu einem Eingriff erheblich verkürzen kann. (gpi, 20.1.2021)