Unter dem Hologramm liegen zwei Scheiben vom Gehirn des Physikers Albert Einstein. Zu sehen ist die Leihgabe in der Ausstellung "Das Gehirn" im Haus der Natur in Salzburg – sobald wieder aufgesperrt wird.

Foto: Haus der Natur / Georg Simmerstatter

Albert Einstein wurde nach seinem Tod 1955 Opfer eines Gehirndiebstahls. Der bedeutendste theoretische Physiker der Geschichte wollte eigentlich eingeäschert werden. Doch der Pathologe Thomas Harvey sägte Einsteins Schädel auf, entnahm sein Gehirn und konservierte es. Harvey wollte es untersuchen lassen, um der Intelligenz des Nobelpreisträgers auf den Grund zu gehen. Der Pathologe filetierte das Gehirn in hunderte kleine Scheiben und stellte daraus Dauerpräparate und Dias her. Den Eingriff ließ er sich erst im Nachhinein von Einsteins Familie absegnen.

Harvey reiste mit den Präparaten zu Neurowissenschaftern und Forschern, um Einsteins Genie zu ergründen. "Doch seiner Intelligenz kam er nicht auf die Spur", sagt Barbara Loidl vom Haus der Natur. Zwei Gehirnschnitte aus Einsteins Frontallappen sind im Haus der Natur in Salzburg öffentlich zu sehen, sobald die Museen wieder aufmachen. Die Exponate sind eine Leihgabe des Mütter Museum in Philadelphia (USA) und Teil der Ausstellung "Das Gehirn – Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl".

Die aktuelle Sonderausstellung kommt eigentlich aus Münster. Barbara Loidl hat sie als Kuratorin in Salzburg für die 600 Quadratmeter Fläche im Haus der Natur gekürzt und an die breite Zielgruppe des Salzburger Museums angepasst. Nervenzellen, die dem Gehirn die Sinneseindrücke melden, führen durch die Schau. Es werden auch alle Sinne der Besucher gefordert. Ganz entsprechend dem Museumskonzept des Hauses gibt es das Gehirn zum Anfassen, IQ-Tests zum Ausprobieren sowie einige Herausforderungen für die eigenen Gehirnzellen.

Test gegen den Blitzgneißer

Wer ist schneller – du oder ein Affe? Der Test des Kurzzeitgedächtnisses kann mitunter deprimierend enden, wenn man sich am Touchscreen gegen einen Schimpansen geschlagen geben muss. Dabei sollen Zahlen in der richtigen Reihenfolge und so schnell wie möglich angetippt werden. Aber keine Sorge, junge Affen sind eben Blitzgneißer und haben ein besseres numerisches Gedächtnis als menschliche Erwachsene.

Auch der direkte Vergleich von Hirnen im Glas ist im Haus der Natur möglich. In der Galerie der Gehirne sind 73 original Hirnfeuchtpräparate von Wirbeltieren zu begutachten: von der Eisflunder und dem Axolotl über Flughund und Makaken bis hin zum Menschen.

Eingelegte Gehirne im Glas: 73 Feuchtpräparate zeigt die Schau.
Foto: Haus der Natur / Georg Simmerstatter

Die Ausstellung ist anhand der drei Säulen Mensch, Tier und Maschine aufgebaut. Wobei eine Maschine die Besucher auch durch das Stockwerk führen kann. Der Roboter Kim sei zwar eine einfache künstliche Intelligenz (KI), erklärt Kuratorin Loidl, aber besonders bei den jungen Besuchern der Hit. Der künstliche Museumsmitarbeiter orientiert sich anhand einer 3D-Kamera im Kopf im Raum und erzählt seinem Publikum Wissenswertes über ausgewählte Ausstellungsstücke.

"Kinder merken schnell, wie intelligent die künstliche Intelligenz ist", sagt Loidl mit einem Augenzwinkern. Die Leistungen des menschlichen Gehirns zu kopieren schafft sie bisher nicht, die KI kann nur Teilaufgaben unseres Denkens übernehmen.

Die Gehirnentwicklung des Menschen vom Embryo bis ins hohe Alter wird mit anschaulichen Tastobjekten dargestellt. So hat etwa ein dreijähriges Kind fast doppelt so viele Synapsen wie ein Erwachsener. "Nicht die Anzahl der Nervenzellen, sondern die Verbindungen lassen uns denken", sagt Loidl. Bei Kindern seien diese noch unstrukturiert. Ein Busch stellt diese Phase in der Ausstellung dar, er muss zunächst gedüngt und dann beschnitten werden.

Die Entwicklung des Gehirns kann ertastet werden.
Foto: Haus der Natur/Neumayr/Christian Leopold

In der Pubertät macht das Gehirn dann große Sprünge: Zunächst ist alles durcheinander. Die wirren Verknüpfungen müssen neu verdrahtet werden. Beim Abbau des Nervengewebes im Alter schwindet schließlich das Kurzzeitgedächtnis, hingegen ist das, was länger zurückliegt, besser erhalten, erläutert die Museumskuratorin. Mit Motivation könne man jedoch auch im hohen Alter noch etwas Neues lernen. "So bleibt man geistig fit."

Inselbegabungen

Thematisiert werden in der Schau auch Drogen, Schlaf oder Inselbegabungen wie etwa jene von Stephen Wiltshire. Der autistische Künstler kann aus dem Gedächtnis nachmalen, was er gesehen hat. Nach einem Flug von 20 Minuten über London konnte er die Skyline bis ins Detail genau nachzeichnen. Da stimmt jedes Haus, Fenster und jeder Rauchfang. Das dazugehörige Panoramabild hängt im Haus der Natur.

Und Einsteins Gehirn? Untersuchungen haben bisher ergeben, dass Einsteins Gehirn zwar nicht grundlegend anders ist, aber die Gestalt einiger Teile doch ungewöhnlich. Er hatte etwa außergewöhnlich komplexe Falten in der Großhirnrinde. Seine Scheitellappen, die eine Rolle beim räumlichen Vorstellungsvermögen und beim mathematischen Denken spielt, waren zudem größer als normal. (Stefanie Ruep, 27.1.2021)