Auf der jüngsten Expedition wurden autonome Unterwasserfahrzeuge (im Bild "Luise") eingesetzt, um hoch aufgelöste Fotomosaike von Gebieten mit Munitionsaltlasten zu erstellen.
Foto: Torsten Frey

Im westlichen Teil der Ostsee ist der Meeresboden großflächig durch Altmunition belastet, laut einer Erhebung im Jahr 2018 dürften es mehr als eine Million Tonnen sein. Die Munition wurde vor allem am Ende des Zweiten Weltkriegs versenkt, wie das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel berichtet. Leider schlummert dieses Kriegserbe aber nicht einfach vor sich hin, es setzt auch giftige Substanzen frei.

Daher werden bereits seit Jahren Untersuchungen durchgeführt, wie hoch die regionale Belastung ist – zuletzt auf einer im Herbst 2020 durchgeführten Expedition. Ähnlich wie schon im Oktober 2018 wurden von Bord des Forschungsschiffes Alkor umfangreiche Wasserproben genommen, um die Belastung mit krebserregenden Sprengstoffsubstanzen zu ermitteln. Hierbei kam erstmals auch ein Echtzeit-Analysesystem zum Einsatz, das im Rahmen des EU-finanzierten Projektes ExPloTect am GEOMAR entwickelt wird.

Außerdem wurden autonome Unterwasserfahrzeuge (AUVs) eingesetzt, um Objekte am Meeresboden zu verifizieren. Um große Ansammlungen von Minen oder versenkten Munitionskisten sichtbar zu machen, wurden Meeresboden-Fotomosaike von mehreren tausend Quadratmetern Größe generiert. Zudem wurden an Verdachtspunkten gezielt magnetische Messungen durchgeführt.

Der nächste Schritt

Beides erwies sich laut den beteiligten Forschern als sehr erfolgreich. Unter anderem seien in der Lübecker Bucht erhebliche Mengen an Munition gefunden worden, die sich außerhalb bereits bekannter Belastungsflächen befanden. Doch die genaue Erfassung kann nur der erste Schritt zur Beseitigung der gefährlichen Altbestände sein. Wie genau mit ihnen umgegangen werden soll, dazu gibt es verschiedene Konzepte.

Derzeit werden am GEOMAR mehrere Projektanträge vorbereitet. So befinden sich die Anträge ProBaNNt (KI-basierte Evaluation von Räummethoden) und AMMOTRACE (In-situ Sprengstoffanalyse) in der finalen Bewilligungsphase. Ein Antrag zur Entwicklung eines Räum- und Zwischenaufbewahrungssystems soll in Kürze eingereicht werden. Ziel sei es, eine umweltverträgliche Technologie für die Räumung von Munitionsversenkungsgebieten zu entwickeln.

In einem weiteren Projekt (CONMAR) sollen außerdem die ökologischen Auswirkungen der Munition in Ost- und Nordsee erfasst werden. Jann Wendt, Geschäftsführer des am Projekt beteiligten Unternehmens EGEOS, bringt das Ziel aller Maßnahmen auf den Punkt: "Meine Vision ist eine altlastenfreie Ostsee bis 2050." (red, 20. 1. 2021)