Biologe Sean Doody studiert eine von Waranen errichtete "Hotelanlage".
Foto: University of South Florida

Viele Reptilienarten vergraben ihre Eier im Sand oder in lockerem Erdboden. Zumeist handelt es sich dabei um flache Kuhlen, die nach der Ablage nur mit einer dünnen Schicht zugedeckt werden. Nicht so einige Warane in Australien: Sie graben sich bis zu vier Meter hinab, um ihre Eier sicher zu verwahren. Es sind die mit Abstand tiefsten Wirbeltiernester der Welt, sagt Sean Doody von der University of South Florida.

Doody ist Teil eines Forschungsteams, das seit zehn Jahren zwei Waranarten in deren ökologischem Kontext studiert: den gut eineinhalb Meter langen Arguswaran (Varanus panoptes), der vor allem im Norden Australiens lebt, und Goulds Waran (Varanus gouldii), einen kleineren Verwandten, der auf dem ganzen Kontinent verbreitet ist.

Gerne besucht

Dabei konnten die Forscher feststellen, dass die von den Waranen angelegten Schächte und Gänge von einer ansehnlichen Zahl anderer Tierarten genutzt werden, von Amphibien über Reptilien bis hin zu Beuteltieren. Insgesamt stießen die Forscher in den untersuchten Bauen auf 747 Exemplare aus 28 verschiedenen Wirbeltierspezies. Und dazu kam dann noch eine große Menge wirbelloser Tiere wie Insekten.

Das am stärksten frequentierte Waran-Hotel war ein Bau, in dem sich nicht weniger als 418 Frösche niedergelassen hatten. Die Amphibien suchen die warmen und feuchten Gänge auf, um sich dort in Winterruhe zu begeben und so die lebensfeindliche Trockenzeit zu überbrücken.

Weil so viele verschiedene Spezies von den Bauen profitieren, schlagen die Forscher vor, den Waranen den Status von Ökosystem-Ingenieuren zuzuerkennen. Es wären die ersten Echsen, die diesen Titel führen. Zumeist wird er Vertretern der Megafauna wie Elefanten oder Flusspferden zugesprochen, also Tieren, die Bäume fällen, Flüsse in ein neues Bett lenken oder Pflanzensamen samt Kot-Dünger über viele Kilometer verteilen können. Sie prägen ihre Ökosysteme durch ihre schiere Größe – doch in kleinerem Maßstab vollbringen die australischen Warane ein ähnliches Werk, findet Doody.

Giftiger Störenfried

Allerdings bekommt es die Waran-Hotelkette auch mit gänzlich unerwünschten Gästen zu tun. Im Lebensraum der Arguswarane ist nämlich die giftige Agakröte stark im Vormarsch. Warane, die sich auf die vermeintliche Beute stürzen, gehen nach einem Biss in den Krötenrücken zugrunde – selbst wesentlich größeren Krokodilen bekommt das invasive Amphibium nicht. Doody berichtet, dass sein Team immer wieder auf leere Waranbaue gestoßen ist. Zugleich vermehren sich die klassischen Beutetiere der Warane – kleinere Echsen, Schlangen, Schildkröten und Vögel – immer stärker. Das Verschwinden des Ökosystem-Ingenieurs bringe die regionalen Nahrungsketten zusehends durcheinander. (jdo, 20. 1. 2021)