Die deutsche Ärztin Kristina Hänel wird weiterkämpfen, damit Patientinnen darüber informiert werden dürfen, bei welchen Ärzt*innen sie eine Abtreibung vornehmen lassen können.

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Nach Jahren des juristischen Kampfes ist die deutsche Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel nun rechtskräftig wegen des Paragrafen 219a verurteilt worden. Bereits im Jahr 2017 war Hänel zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro aufgrund des in Deutschland geltenden Verbots verurteilt worden, Schwangerschaftsabbrüche öffentlich anzubieten, anzukündigen oder anzupreisen. Die Ärztin hatte laut dem Urteil dagegen verstoßen, weil sie auf ihrer Website darüber informierte, dass sie auch Schwangerschaftsabbrüche anbietet.

Vor Hänel wurden schon zahlreiche andere Ärzt*innen – oft von Abtreibungsgegner*innen – angezeigt, in den meisten Fällen wurden die Verfahren allerdings eingestellt. Nicht jedoch bei Hänel, die Berufung gegen das Urteil von 2017 einlegte, die nun abgelehnt wurde: Am Dienstag wurde bekannt, dass auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ihre Revision abgelehnt hat.

Protestbewegung gegen "Werbeverbot"

Hänel berief sich immer auf die Berufsfreiheit von Ärzt*innen und das Recht auf Information für schwangere Frauen. Nach dem Ersturteil 2017 formierte sich in Deutschland eine breite Protestbewegung gegen das sogenannte "Werbeverbot" für Schwangerschaftsabbrüche. Die Abschaffung des seit 1933 existierenden Verbots wird seither immer wieder bei Protestkundgebungen gefordert.

Nach monatelangen Debatten hatte sich die deutsche Regierung Anfang 2019 auf eine Reform geeignet, die allerdings nur eine Ergänzung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch vorsah. Der Paragraf selbst untersagte das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Abtreibungen aus finanziellem Vorteil oder wenn dies in "grob anstößiger Weise" geschah.

Strafen trotz Kompromisses zwischen SPD und CDU

Kritiker*innen und selbst Stimmen innerhalb der regierenden SPD kritisierten, dass dieser Kompromiss zwischen CDU und SPD keine Rechtssicherheit für Ärzt*innen schaffe, die ihre Patientinnen darüber informieren wollen, dass sie bei ihnen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen können. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt bestätigte nun diese Befürchtung. Hänel kündigte unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils am Dienstag an, Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Die Argumente von Kristina Hänel und Aktivist*innen gegen den Paragrafen 219a lauten unter anderem, dass die Zahl an deutschen Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, bereits seit Jahren sinkt und sich durch die unsichere Rechtslage weiter verringern wird. Dadurch würden wiederum die Hürden für ungewollt Schwangere, einen Schwangerschaftsabbruch rasch und unkompliziert durchführen zu lassen, immer höher. Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen werde so stark beschnitten.

Schwangerschaftsabbrüche zählen weltweit zu den häufigsten gynäkologischen Eingriffen, die Frauen unabhängig von der gesetzlichen Lage zu Abtreibungen durchführen lassen. Weltweit finden laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr 25 Millionen unsichere Abtreibungen statt, sie sind global die dritthäufigste Todesursache bei Müttern. (beaha, 20.1.2021)