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Donald Trumps letzte Minuten als US-Präsident.

Foto: REUTERS/Carlos Barria

Rund fünf Stunden blieben dem 90-köpfigen Team im Weißen Haus, um die Spuren des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump aus dem Gebäude zu beseitigen und alles für den Einzug des neuen Präsidenten Joe Biden fertig zu machen. Erst beim Ablegen des Amtseids durch Biden um 12 Uhr Ortszeit durften die Umzugstrucks vorfahren – einige Einrichtungsgegenstände waren bereits in einem Lager in Maryland.

Der private Hausrat Trumps rauschte gemeinsam mit seinem Besitzer Richtung Palm Beach, Florida, ab, wo die Familie künftig wohnen wird. Inklusive des 50.000 Dollar teuren zimmerfüllenden Golfsimulators und des riesige Fernsehers, den Trump gerne in den sozialen Medien zeigte.

Dass der Umzug heuer noch stressiger verlief als vor vier Jahren – und de facto bei allen Machtwechseln davor –, war vor allem der Tatsache geschuldet, dass der 45. Präsident nach nur einer Amtszeit wieder ausziehen musste. Die Obamas und die Clintons waren nach acht Jahren im Weißen Haus darauf eingestellt, dass sie den Wohnsitz verlassen müssen. Zum anderen weigerte sich Trump bis zuletzt, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl anzuerkennen, und verzögerte damit das Einpacken. Und außerdem war das Weiße Haus in den vergangenen Monaten Hotspot von mindestens drei Covid-19-Ausbrüchen und benötigte deshalb eine besonders intensive Reinigung.

Nachricht am Schreibtisch

Die Trumps haben auch mit den Konventionen gebrochen, wonach die künftige First Family bereits in den Tagen und Wochen vor der offiziellen Angelobung ins Weiße Haus eingeladen wird. Vor allem die First Ladies treffen sich normalerweise auf einen Kaffee, damit die scheidende der künftigen etwa das Personal vorstellen kann. Laura Bush hatte 2009 Michelle Obama gleich zweimal zu Gast. Zumindest eine Nachricht soll Trump seinem Nachfolger hinterlassen haben.

Da ist es von Vorteil, dass Joe Biden den Wohn- und Amtssitz des Präsidenten aus seiner Zeit als Barack Obamas Vize noch recht gut kennt. Das Transitionsteam ist zudem im regen Austausch mit dem sogenannten Chief Usher des Weißen Hauses – jenem Mann, der sich um das Management des Gebäudes kümmert: Timothy Harleth. Eigentlich hatte diesen Posten immer ein unpolitischer Beamter mit meist militärischem Hintergrund inne, doch Harleth hatte eine Managementposition im Trump-Hotel Washington inne, bevor er von Melania Trump engagiert wurde. Es wird somit erwartet, dass er mit den Trumps geht.

All jene Sachen, die im Zusammenhang mit der 45. Präsidentschaft stehen, also Dokumente, Briefingbücher oder Artefakte, wandern in die Nationalarchive, wo sie zwölf Jahre lang unveröffentlicht bleiben. Außer Trump selbst entscheidet, dass Teile zuvor an die Öffentlichkeit gelangen dürfen.

Digitaler Umzug

Ebenfalls dort archiviert wird der gesamte Social-Media-Verlauf Donald Trumps. Also auch seine Twitter-Aktivität – inklusive aller gelöschten Postings. Der offizielle Trump-Account @POTUS wurde mit Bidens Angelobung zu @POTUS45, und der vorherige @PresElectBiden wurde zum neuen @POTUS. Das führte im Vorfeld bei Bidens neuem Digitalstrategen Rob Flaherty zu Ärger. Denn mit diesem Vorgehen übertrug Twitter nicht die bisherigen 33 Millionen Follower des Trump-Accounts auf den Biden-Account. Vielmehr musste dieser mit der Angelobung auf rund einer Million Follower aufbauen.

An seine Gefolgschaft hatte sich Donald Trump am Mittwoch noch vor seinem Abflug in der Marine One gewandt. Darin zeichnete er erwartungsgemäß ein übertrieben gutes Bild seiner Präsidentschaft und nahm zu keinem Zeitpunkt den Namen des neuen Präsidenten in den Mund. Er sagte aber, dass er wieder zurückkommen werde.

In welcher Form wird wohl auch die noch immer anstehende Impeachment-Abstimmung im Senat bestimmen. Der republikanische Führer im Oberhaus, Mitch McConnell, hatte am Dienstag zum ersten Mal Trump die Verantwortung für den Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner zugeschrieben.

Last-Minute-Begnadigungen

Nicht frei von Schuld, aber zumindest von weiterer Strafe hat der scheidende Präsident in seinen letzten Amtsstunden noch mehr als 70 Menschen gesprochen. Wie bereits während seiner vierjährigen Amtszeit standen auch auf der letzten langen Begnadigungsliste Weggefährten und Vertraute von Donald Trump. Überraschend war, dass auch der ehemalige Chefstratege Stephen Bannon in den Genuss eines Straferlasses gekommen ist. Bannon hatte Spenden für den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko gesammelt und soll dabei eine Million US-Dollar persönlich eingesteckt haben. Ein Gerichtsverfahren hatte es aber noch nicht gegeben.

Neben Trump-Bekannten wurden aber auch Inhaftierte begnadigt, die bereits seit Jahren für ihre Freilassung kämpfen und vor allem unverhältnismäßig lange Haftstrafen wegen nicht gewalttätiger Drogenvergehen absitzen. So wurde etwa Darrell Frazier begnadigt, der bereits seit 30 Jahren wegen Kokainhandels in Haft sitzt und während seiner Zeit im Gefängnis aber unter anderem eine Charity-Organisation für Kinder gegründet hat. Auch Craig Cesal, der vor mehr als 20 Jahren wegen Marihuanahandels in Haft ging, erließ Trump seine restliche Strafe. (Bianca Blei, 20.1.2021)