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Neben Konflikten um Rohstoffe wie Erdgas ist das Thema Hoheitsgewässer seit jeher ein großer Streitpunkt zwischen der Türkei und Griechenland.

Foto: Paul Biris

Athen – Das griechische Parlament hat am Mittwoch mit großer Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, mit dem Griechenlands Hoheitsgebiet im Ionischen Meer von sechs auf zwölf Seemeilen ausweitet wird. Nur 16 von 300 Abgeordneten enthielten sich. Das internationale Seerecht sieht Hoheitsgewässer bis zu zwölf Seemeilen vor. Der Beschluss birgt trotzdem Sprengstoff: Würde Athen eine solche Ausweitung auch in der Ägäis umsetzen, würde die Türkei das wahrscheinlich als Kriegsgrund auffassen.

Mitsotakis sieht Einklang mit internationalem Recht

Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis rechtfertigte die Ausweitung im Ionischen Meer vor dem Parlament: "Die Ausweitung steht absolut im Einklang mit internationalem Recht", sagte er. Dieses Recht könne Griechenland auch in anderen Regionen ausüben, etwa auch entlang der Süd- und Ostküste Kretas. Dafür hatten zuvor Abgeordnete der Opposition plädiert. Bisher plant Griechenland die Ausdehnung lediglich bis zur Südspitze der Halbinsel Peloponnes.

Obwohl Athen laut eigenen Aussagen weitere Ausdehnungen der Hoheitsgewässer im Moment nicht plane, betonte Mitsotakis wiederholt, dass dies mit dem neuen Gesetz möglich sei – und zwar "zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und unter Bedingungen, über die Griechenland selbst entscheiden wird". Mit Blick auf die Türkei fügte er hinzu, das sei eine klare Nachricht an alle, die Griechenland mit Drohungen absprächen, was das internationale Recht dem Land zugestehe.

Türkei will kein "griechisches Meer"

Das türkische Parlament hatte bereits 1995 entschieden, eine Ausweitung der griechischen Hoheitsgewässer in der Ägäis auf zwölf Seemeilen als Kriegsgrund zu werten. Die Türkei kritisiert, die Ägäis würde sonst de facto zum "Griechischen Meer". Tatsächlich würden dann 71 Prozent der Fläche der Ägäis zu den griechischen Hoheitsgewässern gehören – statt wie bisher 21 Prozent.

Zwischen den beiden Nachbarländern schwelt seit Monaten ein Konflikt um Rohstoffe in der Ägäis. Griechenland wirft der Türkei vor, in Meeresgebieten nach Erdgas zu suchen, die nach internationalem Seerecht nur von Griechenland ausgebeutet werden dürften. Nach Lesart Ankaras gehören diese Gebiete zum türkischen Festlandsockel. Das Thema Hoheitsgewässer ist dabei einer der wichtigsten Streitpunkte.

Beide Länder wollen Gespräche aufnehmen

Montag wollen die beiden Nato-Mitglieder erstmals seit 2016 wieder Sondierungsgespräche zur Überwindung ihrer Differenzen aufnehmen, die in der Vergangenheit wiederholt bis kurz vor den Krieg führten. Zuletzt hatte sich die Situation im Sommer 2020 zugespitzt. Damals kam es sogar zu einer Kollision zwischen einer griechischen und einer türkischen Fregatte. (APA, 20.1.2020)