Bei der Wiener Organisationsentwicklerin Ulrike Plichta geht es mit einem Dutzend Jobs beruflich bunt zu. Umso stiller und weißer ist ihr Refugium im vierten Bezirk – eingerichtet mit alten Möbeln alter Politiker.

"Früher, als meine Kinder noch klein waren, habe ich bunt und farbenfroh gewohnt – und habe mich auch bunt gekleidet. Eines Tages habe ich gemerkt, dass mir Farben ziemlich auf die Nerven gehen, weil ich mich rasch daran sattsehe und weil sie wenig innere und äußere Veränderung zulassen.

Ulrike Plichta in ihrer Wohnung im vierten Bezirk, die sie 2001 gefunden hat.
Foto: Lisi Specht

Kurz danach kam die Erkenntnis, dass meine weißen Haare am besten zu schwarzer Kleidung und mein Gemüt am besten zu einer durch und durch weißen Wohnung passen.

Manchmal werde ich gefragt, wie ich das aushalte in so einer weißen Wohnung. Ob das nicht wie auf der Psychiatrie ist! Oder wie viel Disziplin man eigentlich braucht, um so zu wohnen. Wenn die Leute aber erst einmal da waren, finden sie es alle toll.

Eigentlich hat das mit Pragmatismus zu tun: Weiße Möbel und Stoffe verlangen mir wenig Anstrengung ab.

Vielleicht hat es auch mit einer gewissen Fantasie zu tun, denn ich empfinde meine Wohnung nie als weiß und monoton, sondern als sehr tief und lebendig und voller Geschichten und Strukturen. Manchmal sitze ich einfach da und schau an die Wand und in den weißen Raum hinein. Das bringt mir Klarheit und Ruhe.

"Weiße Möbel und Stoffe verlangen mir wenig Anstrengung ab", sagt Ulrike Plichta.
Foto: Lisi Specht

Wie immer im Leben hat auch das mit der eigenen Biografie zu tun. Ich hatte einen extrem strengen, fast schon militanten Vater, für den meine unbändige Lebenslust eine gnadenlose Bedrohung war.

Nachdem ich von zu Hause rausgeflogen war, habe ich als Babysitterin in einer Familie gewohnt, deren Vater Architekt war. Von ihm habe ich viel über Raum und Komposition gelernt.

Und schließlich haben mich all meine dutzenden Berufe im Theater und in all den anderen Branchen im Schauen und Sehen trainiert. Ich glaube, das kann man lernen. Und ja, ich hatte eine gute Schule.

"Ich empfinde meine Wohnung nie als weiß und monoton, sondern als sehr tief und lebendig", sagt Ulrike Plichta.
Fotos: Lisi Specht

Früher habe ich in der Reinprechtsdorfer Straße gewohnt, lustigerweise in Christian Kerns Wohnung. Nach der Kanzlerwohnung habe ich 2001 diese Wohnung hier gefunden, vierter Bezirk, Nähe Alois-Drasche-Park. Sie hat 100 m2, ist sehr sonnig, ziemlich günstig in der Miete, aber dafür war die Ablöse recht happig. Der Grund dafür ist, dass es eine schöne, ja eine fast unbezahlbar schöne Bausubstanz von Architekt Bruno Altmann gibt, der hier einst wohnte – mit Rundbögen, Nischenschränken und prächtigen Türen mit Glasfenstern.

Ich liebe es, billige, gebrauchte Möbel zusammenzusuchen – am liebsten vom Sperrmüll – und diese zu reparieren und irgendwie nach Bedarf zu lackieren oder neu zu tapezieren. So manches kaputte Stück habe ich nächtens auf einem Spaziergang durch Wien aus einem Schuttcontainer rausgefischt.

Andere Sachen wiederum stammen von Altwarenhändlern oder aus der Glasfabrik – so wie die Kredenz im Esszimmer. Vor 150 Jahren stand die in der Wohnung des Wiener Bürgermeisters Johann Kaspar von Seiller. Ich hab’s mit den Politikern!

"Ich liebe es, billige, gebrauchte Möbel zusammenzusuchen und diese zu reparieren und irgendwie nach Bedarf zu lackieren oder neu zu tapezieren", sagt Ulrike Plichta.
Fotos: Lisi Specht

Ich liebe es, viele Gäste einzuladen und sie mit sieben, acht, neun Gängen zu bekochen. Je mehr, desto besser! Ich mag die Vorfreude auf den Abend, ich mag das Rambazamba, wenn sich alle amüsieren, und ich mag auch den Moment danach, wenn nach dem letzten Gast die Tür zufällt und ich mich in der Fülle und im Reichtum des ganzen Abends wiegen kann. Das Leben kann so schön sein, oder? Privat und beruflich bin ich wohl eine leidenschaftliche Gastgeberin. Das fehlt mir im Moment. Ich freue mich auf die Post-Corona-Zeit und meine erste Tischgesellschaft danach.

Und bevor sich jetzt die Leserinnen und Leser fragen, ob ich wirklich ein Leben komplett in Weiß aushalte: Nein, natürlich nicht!

Wenn ich Lust auf Bunt habe, dann kaufe ich mir einen riesengroßen, bunten Blumenstrauß – oder richte anderen Leuten knallbunte Räume oder üppig orientalische Restaurants ein, wie zum Beispiel den Habibi und Hawaras." (25.1.2021)