Rekonstruktion der Verhältnisse im jungen Sonnensystem: Die Proto-Versionen der Gesteinsplaneten werden durch Radioaktivität aufgeheizt und werfen den Großteil ihrer flüchtigen Stoffe ab.
Illustration: Mark A Garlick/markgarlick.com

Unser Sonnensystem gliedert sich in zwei klar unterscheidbare Teile: Innen liegen die kleinen Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars, während das sogenannte äußere Sonnensystem die Gasriesen Jupiter und Saturn sowie die Eisriesen Uranus und Neptun umfasst. Die Planetentypen sind so feinsäuberlich getrennt, dass man lange Zeit dachte, eine solche Verteilung müsste sich automatisch ergeben. Erst die Entdeckung von immer mehr Exoplaneten hat gezeigt, dass dieser Aufbau nur einer von vielen möglichen ist.

Aber wie hat sich die spezielle Verteilung, mit der wir vertraut sind, ergeben? Dazu haben nun Forscher aus Deutschland, England und der Schweiz eine Erklärung im Fachmagazin "Science" veröffentlicht. Und widersprechen mit ihr dem gängigen Modell der Planetenentstehung, wie die ETH Zürich mitteilte.

Es begann innen

Computersimulationen des frühen Sonnensystems führten das Team um Erstautor Tim Lichtenberg von der Uni Oxford zum Ergebnis, dass sich vor 4,5 Milliarden Jahren extrem früh die ersten Planetenbausteine des inneren Sonnensystems bildeten. Die etwa 100 Kilometer großen Urbrocken, die sich aus der protoplanetaren Gas- und Staubscheibe um die Sonne bildeten, bestanden aus Eiskristallen, an denen ein Teil des Wasserdampfs auf Staubkörnern kondensierte.

Allerdings enthielt die Scheibe auch das radioaktive Isotop Aluminum-26. Die Planeten in spe – zu diesem Zeitpunkt noch wasserreich – nahmen auch dieses Material auf und wurden von ihm von innen her aufgeheizt. Es bildeten sich Lava und Wasser, welches durch die Hitze verdampfte.

Die zweite Welle

Danach war es gemäß den Simulationen für rund eine halbe Million Jahre ruhig im Sonnensystem, bevor die zweite Welle der Planetenentstehung in seinen äußeren Regionen Fahrt aufnahm. Es bildeten sich neue Planetenbausteine aus Staubpartikeln, die sich in Richtung Sonne bewegten und an der Grenze zwischen dem inneren und äußeren Sonnensystem durch gravitative Wechselwirkungen aufgehalten wurden. Ein großer Teil des radioaktiven Isotops war da jedoch bereits zerfallen. Dadurch konnten von diesen angehenden Planeten weniger flüchtige Elemente ausdampfen. Dies ebnete den Weg für die Entstehung der Gas- und Eisriesen.

Derweil sammelten im inneren Sonnensystem die Planetenbausteine weiteren Staub auf und kollidierten miteinander, wodurch sie allmählich zu ihrer heutigen Größe und Zusammensetzung heranwuchsen. Und manches Material wurde wahrscheinlich erst mit einiger Verzögerung nachgeliefert: So dürfte die Erde via Kometen wasserreichen Nachschub aus dem äußeren Sonnensystem erhalten haben, von Jupiter aufgrund seiner Schwerkraft ins innere Sonnensystem abgelenkt. (red, APA, 22. 1. 2021)