"Er hat seiner Familie jahrelang das Schlimmste und Furchtbarste angetan", meinte der Staatsanwalt im Verfahren.

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In einem besonders drastischen Fall von Kindesmissbrauch ist am Freitag ein 40-jähriger Familienvater am Wiener Landesgericht zu 14 Jahren Haft verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Der Mann war vor dem Schöffensenat geständig, seine Stieftochter seit deren siebentem Lebensjahr missbraucht, seit dem zehnten vergewaltigt und mit 17 geschwängert zu haben. Das Mädchen brachte 2018 einen Sohn zur Welt.

Angeklagter war bereits wegen Stalkings in Haft

"Er hat seiner Familie jahrelang das Schlimmste und Furchtbarste angetan", sagte Staatsanwalt Sherif Selim eingangs des Verfahrens. Den eigenen, heute 13 Jahre alten Sohn habe der Angeklagte seit der Volksschule "jahrelang wöchentlich geschlagen", seine Ehefrau – sie hat sich mittlerweile scheiden lassen – ebenfalls verprügelt und nach der Trennung gestalkt. Wegen beharrlicher Verfolgung der Ex-Frau sei der Mann im Vorjahr auch einige Zeit im Gefängnis gesessen. "Er hat im Gefängnis nichts dazugelernt", sagte der Staatsanwalt, "als er rausgekommen ist, hat er der Ex-Frau und der Stieftochter wieder aufgelauert und sie verfolgt."

Daraufhin gingen Mutter und Tochter zur Polizei – und erst jetzt kam das Ausmaß des Martyriums zutage, das die inzwischen 19 Jahre alte Frau seit ihrer Kindheit erlebt hatte. Mit sieben hatte der Stiefvater von ihr laut Anklage sexuelle Handlungen erzwungen, die sich später laut Staatsanwalt zu "brutalem" Geschlechtsverkehr gesteigert hätten. Indem er dem Mädchen einschärfte, er würde ihre Mutter oder den Bruder töten, wenn sie etwas sage, habe er sie zum Schweigen gebracht.

Ihre Schwangerschaft konnte die Stieftochter dann nicht mehr verheimlichen. "Die Mutter war unfähig und machtlos, etwas Richtiges zu tun", sagte der Staatsanwalt. Anstatt den Ehemann anzuzeigen, gab sie den neugeborenen Sohn ihrer Tochter zur Adoption frei. "Und sie hat versucht, der Tochter Halt zu geben", räumte der Ankläger ein.

Umfassendes Geständnis

Der von Verteidiger Thomas Nirk vertretene Angeklagte legte ein umfassendes Geständnis ab. "Ich möchte mich hiermit bei allen Anwesenden entschuldigen, weil sie so einer unmoralischen Sache bewohnen müssen. Ich bin schuldig. Ich übernehme die Verantwortung. Ich gestehe die Taten", erklärte der 40-Jährige.

Laut Gerichtspsychiater Peter Hofmann ist der Angeklagte zwar zurechnungsfähig, aber als gefährlich anzusehen. Er sei emotional instabil und reagiere mit übertriebener Härte, wenn ihn etwas aus dem Gleichgewicht bringe. Die Tathandlungen bezeichnete Hofmann als "krank". "Wer macht so etwas? Das sind Menschen, die haben kein Mitgefühl. Sie nehmen in Kauf, dass der andere Schmerzen hat." Er empfahl im Fall eines Schuldspruchs die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, da nur dort eine haftbegleitende therapeutische Behandlung gewährleistet sei. Ohne eine solche stelle der Mann nach Verbüßung seiner Strafe eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.

Bei einer Strafdrohung von fünf bis 15 Jahren erschienen dem Schöffensenat 14 Jahre schuld- und tatangemessen. Zusätzlich wurde die von der Staatsanwaltschaft beantragte Unterbringung im Maßnahmenvollzug verfügt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Nirk erbat Bedenkzeit. (APA, 22.1.2021)