Am 27. Dezember 2020 startete in Österreich die Impfaktion gegen das Corona-Virus. Seither wurden mehr als 160.000 Personen der ersten Impf-Priorität bereits gestochen. Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung steigt, dessen ist sich Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sicher. In den vergangenen Wochen sei eine "Stimmungswende in Österreich eingetreten", erklärte der Minister am Freitag.

DER STANDARD hat Menschen, die bereits geimpft wurden über ihre Erfahrungen befragt.

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Vorbild im Wohnheim

Alice Raidl war eine der ersten Geimpften

Die zweite Dosis hat Alice Raidl am Montag erhalten. Die erste wurde der 82-Jährigen und ihrem 90-jährigen Mann am 27. Dezember verabreicht. Ein "großes Remmidemmi" habe es da im Pensionistenwohnhaus Leopoldau gegeben: Bürgermeister, Stadtrat und Bezirksvorsteher waren angerückt. Nicht alle Bewohner des Hauses hätten zu Beginn die Impfung so positiv gesehen wie Raidl. Manche hätten sie gar als Versuchskaninchen bezeichnet. "Aber dann haben sie gesehen, dass wir am Tag nach der Impfung ganz normal beim Frühstück waren." Mittlerweile wurden 280 Bewohner des Hauses geimpft.

"Wir haben das alles noch mitbekommen als Kinder", sagt sie zu ihrem Entschluss, sich impfen zulassen . Sie habe damals Keuchhusten gehabt, schlimm sei es um sie gestanden. "Jetzt gibt’s das ja alles nimma. Wegen der Impfung haben wir eine Ruh", sagt Raidl.

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Reduktion des Risikos

Nina Egger ist Hebamme in einem Covid-Spital

Jeden Tag hat Nina Egger in ihrem Job mit Frauen, die an Covid-19 erkrankt sind, zu tun. Die Gynäkologie an der Klinik Ottakring ist eine Abteilung für Covid-19-positive Schwangere, Egger ist dort Hebamme. Täglich stehen für sie Kontrollen oder Geburten mit Corona-Patientinnen an. Am Dienstag hat Egger die erste Impfdosis erhalten. Durch die Impfung will die 34-Jährige aber nicht nur das Risiko für sich reduzieren – auch für ihre Patientinnen. "Gerade bei Schwangeren kommt es eher zu schwereren Verläufen", sagt sie.

Egger selbst habe erlebt, wie schrecklich eine Corona-Infektion enden kann: "Ich habe beide Großeltern an Covid-19 verloren", erzählt sie: "Wären das Pflegepersonal und die Bewohner damals schon geimpft worden, wäre das vielleicht nicht passiert."

Bei einer hohen Durchimpfungsrate hofft Egger, dass sich "unser Leben wieder in geregelte Bahnen begibt".

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Mit Videobeweis

Daniel Pichler tat es aus Verantwortung

Wie war’s? Kurz und schmerzlos. "Hätte ich nicht auf meinem Handyvideo, das ich für Instagram gemacht habe, gesehen, dass er mich schon sticht, hätte ich den Stich gar nicht gemerkt", erzählt Daniel Pichler, der die Rezeption der Zahnarztordination Reistenhofer in Wien leitet, über seine Impfung am Montag.

Der Oberarm habe "einen Tag etwas wehgetan, aber das ist ganz normal nach einem Stich in den Muskel". Der 33-Jährige ist "sehr froh", dass er "jetzt schon durfte". Impfen lassen habe er sich "aus Vernunft und weil jeder Mensch in der Pandemie eine gewisse Verantwortung hat. Die Impfung ist der leichteste Weg, um zu so etwas wie einer Herdenimmunität zu kommen." In drei Wochen, nach dem zweiten Stich, hat er seinen Teil beigetragen.

Beitrag zur Gesellschaft

Marta Wieczkowski will aus der Krise kommen

Euphorisch und erleichtert", antwortet Marta Wieczkowski auf die Frage, wie sie sich nach der Schutzimpfung gegen das Coronavirus fühlt. Am 7. Jänner erhielt die junge Ärztin der Kinder- und Jugendheilkunde den ersten Stich. In kürzester Zeit wurde eine Impfstraße in der Klinik Favoriten "aus dem Boden gestampft", erzählt sie. "Es gab ein Vorgespräch mit einer Ärztin, wir wurden geimpft, 15 Minuten dauerte die Nachbeobachtung." Gleichzeitig wurde die Impfung in das elektronische Impfsystem eingetragen – erzählt die 30-Jährige. "Die Impfung ist momentan die einzige Alternative, um aus der Pandemie zu kommen. Sie ist sicher und effektiv. Ich habe da gar keine Bedenken." Etwa 1700 der rund 2500 Mitarbeiter des Krankenhauses seien bisher geimpft worden.

"Mit 30 und ohne Vorerkrankungen gehöre ich zwar nicht zur Hochrisikogruppe, falls ich mich anstecke. Aber für mich ist es wichtig, einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, um auch die zu schützen, die sich aktuell nicht impfen lassen können, wie zum Beispiel Kinder oder Schwangere", sagt Wieczkowski.

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Überzeugt durch Infos

Gregor Pascher ist Rettungssanitäter

"Es gibt genug Studien mit einem breiten Spektrum an Probanden, die meine leichte Skepsis widerlegt haben", sagt Gregor Pascher. Denn am Anfang sei er selbst ein wenig unsicher gewesen, erzählt der hauptberufliche Rettungssanitäter vom Wiener Roten Kreuz: "Es passiert nicht alle Tage, dass so schnell ein Impfstoff auf den Markt kommt."

Gut informiert ließ sich Pascher diese Woche in der Messehalle gegen das Coronavirus impfen. In seinem Job hat der 23-Jährige viel Kontakt zu älteren Menschen, Kindern und Kranken. "Ich wäre verantwortungslos, mich nicht zu schützen, und könnte einen erheblichen Schaden für das Leben anderer Menschen herbeiführen", sagt er. Und: "Wir Sanis stehen an vorderster Front. Wir haben mit Covid-19-Patienten zu tun. Durch unseren Schutz sorgen wir auch dafür, dass wir nicht ins Spital müssen und vielleicht einen Platz auf der Intensivstation belegen." Trotz Impfung bleibt er vorsichtig – es gibt schließlich noch genügend andere Infektionskrankheiten.

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Impfkampagne muss gezielt Ängste abbauen

Kieferorthopädin Bärbel Reistenhofer will aufklären

Sie selbst ist "sehr dankbar, dass ich schon geimpft bin", erzählt die Kieferorthopädin Bärbel Reistenhofer. Am Montag wurden die ersten sechs Personen aus der von ihr und ihrem Mann Oliver geführten Praxis in Wien "ruckzuck" geimpft. "Nicht für alle Impfwilligen konnten wir einen Platz ergattern, sie warten schon ungeduldig auf den nächsten Slot." Allerdings, erzählt Reistenhofer auch mit Verweis auf viele Kollegen, verzichten doch einige junge Mitarbeiterinnen auf die Impfung: "Das ist keine generelle Impfverweigerung, sondern eine große Unsicherheit."

Bei allen stehe die Frage nach negativen Auswirkungen auf eine mögliche Schwangerschaft im Vordergrund. "Ich werde meine Mitarbeiterinnen nicht zur Impfung drängen, mich aber um eine adäquate Aufklärung bemühen. Dennoch sollte die staatliche Impfkampagne auch gezielt diese Angst ernst nehmen und im Auge behalten."

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Ein wohliges Gefühl

Hugo Gold ging als Arzt zur Impfstraße

Wie es ihm geht? "Super", sagt der niedergelassene Allgemeinmediziner Hugo Gold hörbar froh. "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl der Erleichterung gewesen", sagt der Wiener Arzt, "vor allem als die Impfung dann drinnen war, war das ein angenehmes, wohliges Gefühl." Impfen ließ er sich, "weil es momentan der einzige Schutz vor dem Coronavirus ist, ich 65 bin und nicht schwer erkranken will". Geimpft wurde er in der Impfstraße auf dem Messegelände. Am 1. Februar, genau drei Wochen danach, wird er die zweite Teilimpfung erhalten. Ein Plakat werde er in seiner Praxis aufhängen, um mitzuteilen, dass er geimpft ist.

Viele Patienten würden ihn fragen, "wann ich sie impfen kann. Das weiß ich aber leider selbst nicht", sagt Gold. Was er aber sicher wisse: "Ich stelle mich auch gerne in meiner Freizeit für die Impfstraßen zur Verfügung, um zu impfen."

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Impfung nimmt die Sorge im Arbeitsalltag

Viktoria Reichl tritt Skeptikern entgegen

Sie habe sich schon privilegiert gefühlt, weil sie so früh geimpft werden durfte, sagt Viktoria Reichl. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen – sie werten in einem Wiener Spital die Corona-Tests von Akutpatienten aus – waren stolz, erzählt sie. Wie sich die Impfung angefühlt hat? "Hepatitis hat mehr wehgetan. Ich hab es kaum gemerkt, sie haben es einfach reingejagt." Danach habe sie noch 15 Minuten gewartet, wie es ihr gehe, und einen Krapfen gegessen. Doch schwere Nebenwirkungen blieben aus.

Manche Bekannte seien skeptisch, wenn sie von der Impfung erzählt, meint Reichl. Sie probiert dann, zu erklären, wie der Impfstoff funktioniert, "aber das ist schwer, wenn jemand keinen medizinischen Hintergrund hat". Dann geht sie behutsam vor, spricht über ihre persönliche Situation, darüber, dass sie nun keine Angst mehr haben muss, wenn eine der Proben, die sie untersucht, ausläuft. Und bittet jene, die gegen die Impfung sind, zumindest ihre Meinung für sich zu behalten "und keine Horrorgeschichten weiterzuverbreiten". (Oona Kroisleitner, Lisa Nimmervoll, Gabriele Scherndl, Colette M. Schmidt, 23.1.2020)