Auch in Mayrhofen im Zillertal wurden Verdachtsfälle der südafrikanischen Virus-Mutation entdeckt.

Foto: Florian Lechner

Innsbruck – Wie Recherchen des STANDARD ergaben, wurde im Tiroler Zillertal bei mindestens fünf Covid-Infektionsfällen die südafrikanische Mutation B.1.351 nachgewiesen. Das war den Behörden schon seit mindestens Freitag bekannt. Die Fälle betreffen einen Cluster ausgehend vom Skigebiet Hochfügen im Bezirk Schwaz, wie der Bürgermeister der Gemeinde Fügen, Dominik Mainusch (ÖVP) bestätigt. Weitere 21 Verdachtsfälle werden aus den Gemeinden Fügen, Fügenberg, Uderns, Hippach und Mayrhofen abgeklärt. Betroffen sind offenbar Seilbahnmitarbeiter sowie deren Angehörige.

Am Samstagabend gab das Land zudem bekannt, dass im Bezirk Innsbruck-Land sowie in der Stadt Innsbruck je ein weiterer Fall der südafrikanischen Mutation "retrospektiv" nachgewiesen werden konnte. Die Proben, aus denen diese beiden Fälle im Zuge stichprobenartiger Tests der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) nachgewiesen werden konnten, stammten von Personen, die zwischen 8. und 11. Jänner erkrankt waren. Zwischen den sieben Infizierten gab es "nach derzeitigem Erhebungsstand einen Zusammenhang". Hinweise auf weitere Infektionen gebe es bislang nicht.

Die Bergbahnen Hochfügen betonen, dass man großen Wert auf Transparenz lege. So wurden im Unternehmen zwischen 19. November 2020 und 16. Jänner 2021 insgesamt 16 aktiv positive Fälle nachgewiesen. 13 davon wurden durch eigene, betriebsinterne Tests entdeckt. Am heutigen Samstag habe man, nachdem das Unternehmen gestern darüber informiert wurde, dass es die besagten Mutationsfälle gibt und gab (ein Mitarbeiter ist noch in Quarantäne), die gesamte Belegschaft erneut getestet. Bis auf zwei Ergebnisse sind bereits alle ausgewertet und negativ.

Cluster schon Anfang Jänner entdeckt

Im Laufe des Samstags verdichteten sich die Hinweise, dass die Fälle im Skigebiet allerdings schon länger bekannt sind und die auffälligen PCR-Tests schon vor Tagen zur Sequenzierung an die Ages nach Wien gesandt wurden. Dort verweist man auf Nachfrage allerdings an die Tiroler Gesundheitsbehörde. Die gibt an, davon nichts zu wissen, und verweist an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz. Und dort wiederum sagt der Bezirkshauptmann Michael Brandl (ÖVP), dass er selbst erst gestern von den bestätigten Fällen erfahren habe.

Wann und warum die Proben an die Ages geschickt wurden, bleibt unbeantwortet. Der Cluster unter Seilbahnmitarbeitern in Hochfügen soll aber, so Bezirkshauptmann Brandl, schon "in der ersten oder zweiten Jännerwoche" entdeckt worden sein. Allerdings sah man keinen Grund, deshalb den Skibetrieb einzustellen. Die PCR-Tests seien damals von einem Pharmaunternehmen aus Kirchberg gemacht worden. Ob dabei bereits ein Verdacht auf die Mutation entdeckt wurde, sei nicht bekannt. Der Leiter des Covid-Einsatzstabes des Landes Tirol, Elmar Rizzoli, war für den STANDARD den gesamten Samstag nicht zu sprechen.

Widersprüchliche Aussagen des Landes zu Cluster

Das Land Tirol verweigerte Samstag über Stunden jeden Kommentar zu den Fällen und bestätigte die Meldung später gegenüber dem ORF. Allerdings tun sich in den Erklärungen des Landes Widersprüche auf. So heißt es in der offiziellen Aussendung, die fünf bereits bestätigten Fälle würden Bezug zu einem Cluster in Hochfügen aufweisen. Gegenüber dem ORF sagte der Leiter des Covid-Einsatzstabes des Landes, Elmar Rizzoli, allerdings, die fünf Fälle seien kein Cluster, sondern verteilt zwischen mehreren Ortschaften entdeckt worden.

Wie von Einheimischen zu hören ist, wurden im vorderen Zillertal, wo die Fälle auftraten, in den vergangenen zwei Wochen auffallend viele ausländische Gäste in den Skigebieten beobachtet. Wie diese dort Urlaub machen konnten – trotz Lockdowns – ist offen. Bürgermeister Mainusch aus Fügen kann "weder dementieren noch bestätigen", dass sich in der Region zuletzt auffallend viele ausländische Gäste aufgehalten hätten. Am Parkplatz des Skigebietes seien durchaus ausländische Kennzeichen zu sehen gewesen. Auch Bezirkshauptmann Brandl bestätigt, dass ausländische Gäste in der Region waren und sind. Einerseits gebe es viele Zweitwohnsitze im Zillertal, andererseits gebe es wohl auch Personen, die bewusst gegen die geltenden Einreisebestimmungen verstoßen.

Skigebiet am Samstag wegen Covid geschlossen

Das Skigebiet Hochfügen war jedenfalls am Samstag geschlossen. Auf der Homepage hieß es: "Aufgrund der anhaltenden erhöhten Covid-19 Infektionszahlen in den umliegenden Gemeinden und eines möglichen Verdachtsfalles werden wir heute zum Schutze unserer Mitarbeiter und unserer Gäste das Skigebiet geschlossen halten. Wir werden in der Früh alle auf eine Infektion getestet und über die weitere Vorgehensweise informieren. Wir danken für Ihr Verständnis."

Die Tests haben allerdings schon Anfang Jänner stattgefunden, wie der Bezirkshauptmann bestätigt, und wurden teils bereits wiederholt, wie Bürgermeister Mainusch sagt.

Anschober sieht Tiroler Behörden in der Verantwortung

Die geltenden Auflagen für erlaubten Wintersport, seien strikt einzuhalten, hieß es am Samstag aus dem Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bezüglich der Fälle im Zillertal. Wenn dies wiederholt nicht erfolge, sei die entsprechende Anlage zu schließen. Die Tiroler Behörden seien nun gefordert, die Ursachen für die Ausbreitung im Bezirk Schwaz rasch zu rekonstruieren und dann allfällig erforderliche Konsequenzen zu ziehen.

Eine erste völlig richtige Konsequenz war der Beschluss einer flächendeckenden Testung im gesamten Bezirk, sagt Anschober. So könne die tatsächliche Belastung und die Frage einer Ausbreitung der Mutation festgestellt und eingegrenzt werden. Positiv sei für Anschober der Stopp der Schilehrerausbildung in Salzburg und Tirol.

Kostenlose PCR-Tests ab Sonntag

Ab Sonntag soll nun die gesamte Bevölkerung im Bezirk Schwaz kostenlose PCR-Test machen lassen können. Zuletzt hatte die Entdeckung der britischen Virusmutation B.1.1.7 bei 17 Teilnehmern eines Skikurses in Jochberg für Aufregung gesorgt. Am 12. Jänner wurden die auffälligen PCR-Tests der britischen Skitouristen, die in Tirol einen Vorbereitungskurs für eine spätere Skilehrerausbildung besuchen wollten, zur weiteren Abklärung an die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) nach Wien übermittelt. Dort konnte der Verdacht letztlich bestätigt werden.

Zugleich fanden im Bezirk Kitzbühel kostenlose Massentests der Bevölkerung statt, um festzustellen, ob sich die Mutation bereits in der Region verbreitet hat. Bis 18. Jänner wurden über 5250 Testungen durchgeführt. Es wurden insgesamt 58 positive Testergebnisse verzeichnet, allerdings keine davon mit Verdacht auf die Mutation B.1.1.7. Insgesamt 70 Prozent der Jochberger Bevölkerung nahm an den freiwilligen Massentests teil.

Südafrikanische Mutation ansteckender, Impfstoff-Wirkung unklar

Die im Dezember 2020 erstmals in Südafrika nachgewiesene Virusmutation B.1.351 weist laut Angaben des deutschen Robert-Koch-Instituts gemäß ersten Untersuchungen eine höhere Übertragbarkeit auf. Biontech hatte zudem angekündigt, in Kürze eine detailliertere Analyse der wahrscheinlichen Wirkung seines Impfstoffs auf diese Variante zu veröffentlichen.

Tirol meldete am Samstag 112 neue Infektionsfälle innerhalb der vergangenen 24 Stunden. Aktuell sind somit 1167 aktive Fälle im Land zu verzeichnen. Der Bezirk Schwaz liegt gemessen an den aktiv positiven Fällen pro 100.000 Einwohnern mit einem Wert von 249 tirolweit auf Platz zwei hinter Lienz (355). (ars, 23.1.2021)