Nicht bei den Protesten dabei, aber doch omnipräsent: Präsident Wladimir Putin, hier auf einer Maske eines Demonstranten. "Nawalny macht mir Angst", steht auf dem Plakat.

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Moskau – Wegen des Vorgehens gegen Kremlkritiker Alexej Nawalny haben prominente russische Oppositionspolitiker die Europäische zu Sanktionen gegen Oligarchen und Freunde von Kremlchef Wladimir Putin aufgefordert. "Jagt sie, verfolgt ihre Geldströme", sagte Garri Kasparow in einer Online-Pressekonferenz am Samstagabend. "Hört auf, mit der Mafia zusammenzuspielen." Die Mittel lägen bereit, die Vermögen von Putins milliardenschweren Freunden im Westen zu sperren.

Gemeinsam etwa mit dem früheren Oligarchen Michail Chodorkowski forderte der ehemalige Schach-Weltmeister Kasparow, das Sanktionsinstrument zu nutzen, das die EU im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen im Dezember beschlossen hatte. Damit soll die politische Ahndung solcher Verbrechen deutlich erleichtert werden. Zudem sollen auch Einreiseverbote für Personen verhängt werden. Die EU-Außenminister treffen sich an diesem Montag.

Chodorkowski nennt es "Diktatur"

"In Russland ist endgültig eine Diktatur errichtet worden", sagte Chodorkowski. "Der Hauptgrund, um an der Macht zu bleiben, ist ein unvorstellbarer Diebstahl und der Wunsch, der Verantwortung für die begangenen Verbrechen zu entgehen." Gegen die Bevölkerung werde Gewalt eingesetzt. "Die Situation mit Nawalny zeigt diesen Wandel."

Chodorkowski betonte, er stehe hinter Nawalny. Dieser sei ein politischer Gefangener wie er selbst einer war. "Solange er im Gefängnis ist, werde ich ihn unterstützen", sagte er. Kasparow betonte: "Wir können Nawalny jetzt nicht beschützen. Aber wir können dafür kämpfen, für das er kämpft: Ein freies Russland."

"Schröderisierung" des Westens

Kasparow kritisierte die Rolle des deutschen Altkanzler Gerhard Schröder, der Posten bei Nord Stream 2 und dem staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft hält. Es müssten alle Aspekte der Zusammenarbeit Schröders mit Putin aufgedeckt werden. Allerdings sei der SPD-Politiker nur eine Person. "Die Schröderisiering ist ein Phänomen, das viele westliche Länder betrifft", sagte Kasparow. "Wir müssen mehr über Putins Helfer aufdecken."

Mit Blick auf die landesweiten Proteste am Samstag für eine Freilassung Nawalnys sagte der Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa, vor allem junge Leute hätten keine Angst mehr vor Putin und seiner Führung. "Dies wird weitergehen", sagte er. "Die Menschen sind bereit, ihm eine Botschaft zu schicken, dass sie genug haben."

USA verurteilen hartes Vorgehen

Die neue US-Regierung verurteilte die "harschen Methoden" der russischen Sicherheitskräfte im Umgang mit Demonstranten und Journalisten und forderte die Freilassung aller Festgenommenen. Das Außenministerium erklärte, die USA stünden Schulter an Schulter mit ihren Partnern, um die Menschenrechte zu verteidigen – "sei es in Russland oder wo auch immer nötig". Das Ministerium forderte die "sofortige und bedingungslose Freilassung" des Dissidenten Alexej Nawalny.

Der neue US-Präsident Joe Biden hat Anthony Blinken als Außenminister nominiert. Dieser wurde aber noch nicht vom Senat bestätigt – ein Schritt, der am Montag folgen dürfte. Der Vorgängerregierung von Ex-Präsident Donald Trump war vorgeworfen worden, gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Kuschelkurs zu fahren. (dpa, 22.1.2021)