Bild nicht mehr verfügbar.

Künstliche Intelligenz könnte, richtig angewandt, helfen, den weltweiten Ausstoß von klimaschädlichem CO2 um bis zu zehn Prozent zu senken.

Foto: getty images

Gegen die Erderhitzung gibt es im Gegensatz zu Corona keine Impfung, sagen Menschen, die vor den fatalen Auswirkungen ungebremster Einbringung von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre warnen. Auch wenn die Impfung durch Lieferverzögerungen wohl weniger rasch Linderung bringen kann als erhofft – in puncto Klimaschutz stehen mit dem Präsidentenwechsel in den USA die Chancen nun auch auf diesem Gebiet besser, dass ernsthaft etwas gegen den voranschreitenden Temperaturanstieg unternommen wird. Dabei sollten laut Experten alle Instrumente zum Einsatz kommen, derer man habhaft wird, auch künstliche Intelligenz (KI).

Welches Potenzial der Einsatz selbstlernender digitaler Systeme hat, zeigt eine Studie der Boston Consulting Group (BCG). Demnach könnten die CO2-Emissionen durch den Einsatz von KI von den 53 Gigatonnen Kohlendioxidäquivalent, auf die sich die weltweiten Emissionen derzeit belaufen, bis 2030 um fünf bis zehn Prozent reduziert werden. Das entspricht 2,6 bis 5,3 Milliarden Tonnen an klimaschädlichem CO2 und wäre ein substanzieller Anteil von dem, was sich die Weltgemeinschaft vorgenommen hat.

Pariser Klimakonferenz

Zur Erinnerung: Bei der Klimakonferenz im Dezember 2015 in Paris haben sich die 195 Staaten, die daran teilnahmen, plus die EU auf eine Reduktion der CO2-Emissionen um 55 Prozent verständigt. Damit soll erreicht werden, dass die Erderhitzung bei maximal zwei, noch besser bei 1,5 Grad gestoppt werden kann. Wenn nicht, könnte das sehr unangenehm werden. Passiert ist seither wenig.

Mit gezieltem Einsatz von KI könnten Unternehmen effizient und preisgünstig ihren CO2-Fußabdruck reduzieren, heißt es in der Studie, die dem STANDARD vorliegt. Das Papier wird im Rahmen des Weltwirtschaftsforums Davos, das in dieser Woche Corona-bedingt nur virtuell stattfinden kann, vorgestellt.

Die Autoren kommen auf eine Wertschöpfung von 1.300 bis 2.600 Milliarden Dollar, die durch zusätzliche Einnahmen und Kosteneinsparungen bis 2030 lukriert werden könnten. Dabei sind Preisänderungen bei CO2-Ausgleichszahlungen noch gar nicht berücksichtigt. Sollte der CO2-Preis im Emissionshandelssystem der EU von rund 30 Dollar je Tonne auf etwa 80 Dollar im Jahr 2030 steigen, was Boston Consulting für wahrscheinlich hält, wären durch den Einsatz von KI zusätzliche Einsparungen möglich, im besten Fall von bis zu gut 400 Milliarden Dollar.

Muster erkennen in riesigen Datenmengen

Die große Stärke von KI liege in ihrer Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen, riesige Datenmengen zu sammeln und Zusammenhänge zu erkennen, die für Menschen nicht erkennbar wären. Und: KI liefere die Anleitung für adäquate Maßnahmen gleich mit. Investitionen in KI zur nachhaltigen Reduktion von CO2 rentierten sich häufig schon innerhalb nur eines Jahres. Das schaffe einen schnellen finanziellen Vorteil, was für Unternehmen gerade im Abspann der Corona-Krise erfolgsentscheidend sein könne.

Zu den Branchen, die von diesem Ansatz profitieren könnten, gehören laut der Studie der Industriegüterbereich, dazu Verkehrs-, Pharma- und Konsumgüter, aber auch Energie- und Versorgungsgüter. KI selbst verbraucht zwar auch Energie. Unter dem Strich würden aber die Vorteile des Einsatzes künstlicher Intelligenz beim Aufspüren der größten CO2-Fallen in der Wertschöpfungskette eventuelle Nachteile deutlich überwiegen. (Günther Strobl, 26.1.2021)