Sogenannte Corona-"Querdenker" halten die Behörden auf Trab. Auch in Wien sind wieder Proteste geplant.

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Auch vergangenes Wochenende lieferten sogenannte Corona-"Querdenker" wieder allerhand Arbeit für die Behörden. Es kam bundesweit zu hunderten Anzeigen, vereinzelt auch zu Festnahmen. Etwa 50 Demonstrationen wurden insgesamt angemeldet, einige davon wurden untersagt. Etwa eine Versammlung am Sonntag in Villach. Der Anmelder sei "schon einschlägig bekannt gewesen", sagt ein Sprecher der Landespolizeidirektion Kärnten.

Dieser Anmelder sieht sich nun mit Ermittlungen konfrontiert – und zwar nicht nur wegen einer Verwaltungsübertretung aufgrund einer unangemeldeten Versammlung bereits tags davor, sondern auch wegen eines anderen Sachverhalts, "der zur "strafrechtlichen Prüfung an die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Verbotsgesetz geschickt" wurde, heißt es seitens der LPD Kärnten. Dabei geht es um einen einem Judenstern nachempfundenen Aufnäher, den die Person "weithin sichtbar" getragen habe.

Stärkeres Vorgehen

Immer wieder tauchen bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen Personen auf, die sich entsprechende Aufnäher auf die Jacke nähen, oftmals mit dem Schriftzug "Ungeimpft" in der Mitte. Der Aufzug läuft auf eine Gleichsetzung mit jüdischen Opfern des NS-Verbrecherregimes hinaus. Zu sehen sind auch immer wieder Plakate, auf denen von einer angeblichen "Corona-Diktatur" die Rede ist, die in Zusammenhang mit der Diktatur des "Dritten Reichs" gesetzt wird.

Nach STANDARD-Informationen soll gegen derartige Aktionen nun verstärkt seitens der Behörden vorgegangen werden. Bisher dürften Polizeibeamte der Staatsanwaltschaft zwar über derartige Fälle Bericht erstattet haben, allerdings ohne den Hinweis auf einen konkreten Anfangsverdacht. Nun sollen verstärkt konkrete Anzeigen nach dem Verbotsgesetz wegen grober Verharmlosung erfolgen.

Vom STANDARD befragte Rechtsextremismus- und Strafrechtsexperten weisen darauf hin, dass es strittig sein könnte, ob der Tatbestand im Kern erfüllt sei. Wenn, dann würde es jedenfalls um Verharmlosung gehen, wird durch die Bank bestätigt.

Beurteilung im Einzelfall

Seitens des Justizministeriums heißt es, dass das "bloße Tragen eines Judensterns alleine" den Tatbestand noch nicht herstellen würde. Bei einer Würdigung des gesamten Verhaltens eines Beschuldigten könne der Tatbestand aber "in der Gesamtschau" verwirklicht sein, sofern eine Absicht nachgewiesen werden kann. Das heißt: Entschieden wird im Einzelfall.

Zu einer Entscheidung in dem Zusammenhang kam es schon im Mai vergangen Jahres, als ein Schild mit der Aufschrift "Impfen macht frei" auf einer Demo auftauchte. Der Verfassungsschutz übermittelte daraufhin einen Bericht an die Staatsanwaltschaft Wien. Die Behörde verzichtete aber auf weitere Ermittlungen. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass durch das Schild nationalsozialistische Verbrechen infrage gestellt wurden, heißt es in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Justizministerin Alma Zadić (Grüne).

Aber auch Verwaltungsdelikte bei Demos sollen stärker geahndet werden, kündigt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an. Nachdem der Polizeieinsatz bei der letzten Großdemo für heftige Kritik sorgte, wurde evaluiert: Nun soll ein neues Einsatzkonzept zur Anwendung kommen. Konkret wird etwa über Kontrollen beim Zustrom und Abstrom zur Versammlung und eine Beschränkung der Teilnehmerzahl nachgedacht. "Es gilt nun zwei Meter Abstand – daher ist es nur logisch, dass (...) an einem Ort nur eine bestimmte Zahl von Menschen zusammenkommen kann", heißt es in einem Statement des Innenministers zum STANDARD.

Sinnlose Anmeldungen

Demo-Mitorganisator Martin R. ruft seine Anhänger bereits jetzt dazu auf, auch für Samstag so viele Demos wie möglich im ganzen Land anzumelden, um die Polizei sinnlos zu beschäftigen, auch wenn diese schlussendlich nicht durchgeführt werden. "Jeder Polizist, der bei einer anderen Demonstration eingesetzt wird, kann nicht zur selben Zeit in Wien sein", schreibt R.

Diese Taktik wird auch bei der Wiener Polizei wahrgenommen. "Man versucht uns zuzumüllen mit allen möglichen Anzeigen", sagt ein Sprecher. Ob Demos für kommendes Wochenende untersagt werden, stehe noch nicht fest.

Bei der letzten Großdemo haben amtsbekannte Anmelder, bei denen es schon öfter Probleme gab, offenbar jemand Unbescholtenen für die Anmeldung gefunden. "Das wird als Präzedenzfall in die Prognose einfließen", heißt es seitens der Polizei. Ein Naheverhältnis zu amtsbekannten Anmeldern könne aber auch ein Grund sein, um eine Demo zu untersagen. (Vanessa Gaigg, Laurin Lorenz, Johannes Pucher, Fabian Schmid, 26.1.2021)