Seit Wochenbeginn herrscht in Österreich in öffentlichen Verkehrsmitteln, Lebensmittelgeschäften & Co FFP2-Masken-Pflicht, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Im Hohen Haus dagegen gilt wie bisher nur die Empfehlung für Abgeordnete, Bundesräte und Regierungsmitglieder, gegen weitere Ansteckungen mit dem Coronavirus Maske zu tragen, wie man dem STANDARD in der Parlamentsdirektion bestätigt.

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl oben ohne unter lauter Maskenträgern im Nationalrat.
Foto: APA / Robert Jaeger

Planmäßig steht die nächste Parlamentssitzung und davor eine entsprechende Präsidiale mit den Vertretern aller Fraktionen zwar erst im Februar an, doch das Thema FFP2-Schutz gilt jetzt schon als Minenfeld. Denn mit fortschreitender Pandemie setzen vor allem die Mandatare der FPÖ immer ostentativer auf eine Verweigerung von jeglichem Mund-Nasen-Schutz – weil sie überproportional viele Corona-Skeptiker, Impfgegner und Maskenmuffel hinter sich wissen.

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisiert im STANDARD-Gespräch deswegen "die blaue Politik des Nichttragens von Masken außerhalb des Sitzungssaales" – in Zeiten wie diesen sei dieses Verhalten "unsolidarisch" und "riskant". Im Plenum selbst sind immerhin Plexiglaswände zwischen den Abgeordneten errichtet worden. Doch auch Mitarbeiter im Parlament, die wie hausfremde Personen jetzt sehr wohl FFP2-Masken tragen müssen, beklagen, dass sie auch auf den Gängen immer wieder auf FPÖ-Politiker ohne Mund-Nasen-Schutz treffen.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verwies jedoch schon im Herbst zu einer etwaigen Maskenpflicht für Abgeordnete auf das freie Mandat und dass es daher unmöglich sei, eine solche zu verordnen. Nachsatz: "Formale Regelungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie bei einer Abweichung auch realistisch durchsetzbar sind."

Problem der Durchsetzbarkeit

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer widerspricht dieser Rechtsansicht vehement: Das freie Mandat verbiete, "dass ein Abgeordneter rechtlich bindende Aufträge erhält" – also dass er etwa auf Geheiß oder gegen Geld bestimmten Gesetzen zustimmen müsse. Über die Hausordnung könne der Nationalratspräsident also sehr wohl eine Maskenpflicht für das Parlament anordnen, ebenso sei es ja auch möglich, einen Mandatar des Saales zu verweisen, der randaliere.

Doch Hintergrundgespräche mit Vertretern mehrerer Fraktionen ergeben: Bisher schreckte man vor einer härteren Richtlinie eben wegen der Justament-Haltung der FPÖ und der Frage der Durchsetzbarkeit von Masken zurück – und weil man die unwilligen blauen Mandatare damit in eine aufsehenerregende Opferrolle drängen könne, dass sie wegen ihrer Maskenverweigerung nun auch noch Probleme im Parlament bekämen.

Ein Jurist im Hohen Haus wiederum, der nicht genannt werden will, erklärt zudem, dass auch eine FFP2-Masken-Anordnung per Hausordnung allein sanktionslos bleiben würde. Denn um etwa Bußgelder zu verhängen, sei auch noch eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats nötig, die eine Zweidrittelmehrheit erfordere. Da man in heiklen Bereichen aber wegen der "Usancen" stets einen "parteiübergreifenden Konsens" anstrebe, könne es wahrscheinlich weiterhin nur bei der Empfehlung für Politiker, Masken zu tragen, und jetzt eben den FFP2-Schutz, bleiben – denn ein Sinneswandel der Freiheitlichen sei derzeit nicht in Sicht. (Nina Weißensteiner, 25.1.2021)