Schwangere, die zusätzlich zu einer Risikogruppe gehören, sollten gegen Covid-19 geimpft werden, empfehlen Fachgesellschaften.

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Mit der Covid-Impfung kamen bei vielen Menschen auch Ängste, meist ausgelöst durch Falschinformationen aus unseriösen Quellen. Eine davon ist, dass die Impfung angeblich unfruchtbar mache. Vor allem junge Frauen scheinen teilweise davor zurückzuschrecken, sich impfen zu lassen. Diese Sorge ist jedoch unbegründet.

Zunächst: Wie kam es überhaupt zu dieser Falschinformation? Das Virus dockt über sogenannte Spike-Proteine an menschliche Zellen an. Damit arbeitet auch die Impfung, denn sie sorgt dafür, dass bereits vor einer tatsächlichen Infektion mit Sars-CoV-2 eine Immunreaktion im Körper entsteht und Antikörper gebildet werden.

Auch anderswo im Körper docken Proteine an Zellen an – durch einen solchen Prozess wird etwa die Plazenta in der Schwangerschaft aufgebaut. Jemand kam deshalb auf die Idee, dass die Antikörper, die nach einer Impfung gebildet werden, auch gegen das Protein in der Plazenta wirken könnten. Allerdings, das haben zahlreiche Wissenschafterinnen und Wissenschafter längst klargestellt, gibt es keine Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Proteinen.

Gesunde Kinder

Zudem würde eine solche Reaktion nicht nur bei der Impfung, sondern auch nach einer natürlichen Infektion mit Sars-CoV-2 stattfinden. Dass dem so ist, dafür gibt es allerdings keinerlei Hinweise, im Gegenteil: Tausende Frauen auf der ganzen Welt waren bereits mit Sars-CoV-2 infiziert und haben dennoch gesunde Kinder zur Welt gebracht.

Außerdem zeigen etwa Daten aus Großbritannien, dass, obwohl schwangere Frauen dezidiert aus den klinischen Studien der dort bereits zugelassenen Impfstoffe ausgeschlossen waren, dennoch etwa 50 ungeplant schwanger wurden – gleichmäßig verteilt über die beiden Gruppen, in denen die Probandinnen und Probanden den Impfstoff erhielten, und die Placebo-Gruppe. Die Impfung hat also keine Schwangerschaften verhindert. Alle diese Schwangeren werden nun zudem genau beobachtet. Bisher handle es sich um durchgehend normale Schwangerschaften, erklärt Victoria Male, Dozentin für Reproduktive Immunologie am Imperial College London.

Ohne Bedenken

Daher raten Kinderwunschexperten allen Frauen, die schwanger werden möchten, sich impfen zu lassen, etwa Leonhard Loimer, ärztlicher Leiter des Kiwi-Kinderwunsch-Instituts in Linz: "Frauen, die eine Schwangerschaft anstreben, können sich bedenkenlos impfen lassen. Denn es gibt keinerlei Anzeichen, dass der Impfstoff Einschränkungen der Fruchtbarkeit verursacht." Eine Impfung im Vorfeld könne eine Infektion während der Schwangerschaft vermeiden und damit mögliche Folgen für Mutter und Kind.

Denn aus Studien ist bisher bekannt, dass Schwangere mit Covid-19 fünfmal häufiger intensivmedizinisch behandelt oder beatmet werden müssen und auch das Risiko für Frühgeburten leicht ansteigt.

Zu wenige Daten

Was die Impfung von bereits Schwangeren angeht, sind Experten sich aber uneins. Loimer empfiehlt Frauen, die schon nach der ersten Teilimpfung schwanger werden, mit der zweiten Dosis bis nach der Geburt des Kindes zu warten, denn auch die erste Dosis biete bereits einen grundsätzlichen Schutz gegen das Virus.

Schwangere Frauen könnten zwar laut der britischen Fachgesellschaft Royal College of Obstetricians and Gynaecologists prinzipiell geimpft werden, für eine Empfehlung mangle es jedoch an ausreichenden Daten. Das liegt eben daran, dass Schwangere aus klinischen Impfstoffstudien prinzipiell ausgeschlossen werden. Experimente an Ratten haben allerdings gezeigt, dass die Impfung vor oder während einer Schwangerschaft keine Effekte auf Fruchtbarkeit, Schwangerschaft oder die Gesundheit der Kinder hatte.

Andreas Obruca, ärztlicher Leiter des Kinderwunschzentrums an der Wien, rät hingegen, die zweite Impfung wie vorgesehen durchzuführen, und begründet seine Empfehlung mit jenen Frauen, die an den Studien teilnahmen und dennoch problemlos, wenn auch ungewollt, schwanger wurden.

Tatsächlich zeigen die Daten aus den Studien in Großbritannien Folgendes: In der Biontech/Pfizer-Studie wurden 23 Frauen schwanger, in der Placebo-Gruppe kam es zu einer Fehlgeburt, bei den tatsächlich geimpften Schwangeren gab es keine. 13 Frauen wurden in den Studien von Moderna schwanger, auch hier erlitt nur eine Frau in der Placebo-Gruppe eine Fehlgeburt. Beim Impfstoff von Oxford/Astrazeneca kam es bei 21 Frauen zu einer Schwangerschaft, drei Fehlgeburten gab es in der Placebo- und zwei in der tatsächlich geimpften Gruppe. Zum Vergleich: Generell enden rund zehn bis 20 Prozent aller Schwangerschaften in einer Fehlgeburt.

Kein lebendes Virus

Auch prinzipiell gehen Wissenschafterinnnen und Wissenschafter nicht von einer negativen Wirkung des Impfstoffs in der Schwangerschaft aus. Da er kein lebendes Virus enthält, stelle der mRNA-Impfstoff nach aktueller Datenlage kein erhöhtes Risiko für schwangere Frauen und den Fötus dar, sagt Obruca, der allen schwangeren Frauen nach entsprechender Aufklärung zu einer Impfung rät. Zudem gebe es sehr wohl Forschung zu anderen Totimpfstoffen, und aufgrund dieser sei nicht davon auszugehen, dass es ein erhöhtes Risiko für Infertilität, Frühgeburten im ersten oder zweiten Trimenon, Todgeburten oder Fehlbildungen durch die Impfung gibt.

Auch bei Männern hält sich übrigens das Gerücht einer möglichen Verschlechterung der Samenqualität durch die Impfung. Doch "aufgrund des Mechanismus der mRNA-Impfstoffe ist damit überhaupt nicht zu rechnen", sagt Obruca.

Erhöhtes Risiko

Auf jeden Fall impfen lassen sollten sich jene Schwangere und auch stillende Mütter, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben, darin sind sich Expertinnen und Experten sowie Fachgesellschaften einig : Denn der Nutzen überwiege das Risiko. Dazu zählen Frauen mit Vorerkrankungen wie Diabetes oder jene, die in medizinischen Berufen arbeiten. Bisher ist zudem bekannt, so Victoria Male, dass bei stillenden Frauen die Impfung nicht in die Muttermilch übergehen kann; die schützenden Antikörper, die die Mutter bildet, können es aber durchaus. Dadurch könnte das Baby einen gewissen Schutz gegen Covid-19 erhalten, auch wenn hierzu noch mehr Forschung notwendig ist.

Fest steht: Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung ist individuell, Frauen sollten sie gemeinsam mit ihren Ärzten und Hebammen treffen. Und letztlich spielt, wie so oft bei Impfungen, auch bei der Corona-Impfung das Umfeld eine Rolle. Denn alle, die sich impfen lassen, schützen damit auch jene, die dies nicht können oder wollen. Daher sollten auch Partner und Partnerinnen sowie enge Kontaktpersonen sich impfen lassen. Vor allem für schwangere Frauen kann dadurch das Risiko, sich anzustecken, minimiert werden. (Bernadette Redl, 29.1.2021)