Bild nicht mehr verfügbar.

Privatanleger sollten sich nur mit überschaubaren Investments in den Kryptomarkt vorwagen.

Foto: Reuters

Die letzten Monate waren für den Bitcoin turbulent. Bewegte sich der Kurs im Jahresverlauf 2020 zwischen 5.000 und 10.000 Euro, so stieg er seit Ende Oktober drastisch an. Mitte Dezember knackte er seine alte Rekordmarke von rund 16.000 Euro, um Anfang Jänner sogar auf etwa 33.000 Euro zu klettern. Mittlerweile hat er etwas nachgelassen, liegt aber weiterhin deutlich über dem alten Rekord.

Doch was ist passiert, dass Anleger der Kryptowährung ziemlich genau drei Jahre nach der letzten Rallye wieder einen so hohen Wert zuschreiben? Und was halten Kryptowährungen in der absehbaren Zukunft für uns bereit? DER STANDARD hat mit Philipp Sandner gesprochen. Er leitet das Blockchain Center an der Frankfurt School of Business.

Mehr Regulierung und Akzeptanz

Den einen Grund für das neue Erstarken des Bitcoins sieht Sandner nicht. Viel mehr sei es eine Reihe von Aspekten. Da wären etwa regulatorische Schritte, die dem Markt mehr Rechtssicherheit geben. In Deutschland wäre dies etwa das "Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur vierten EU-Geldwäscherichtlinie". Dazu arbeitet die EU-Kommission an einer Vereinheitlichung der Regulierung des Kryptomarkts (MiCA).

Eine Rolle spielt auch die wachsende Akzeptanz bei Investoren. Und zu beachten ist auch, dass Finanzunternehmen aufgesprungen sind, nicht zuletzt der große Zahlungsdienstleister Paypal. Dies alles bildet eine Basis, die langfristige Kurssteigerungen durchaus denkbar macht. Dass es nach dem rasanten Kursanstieg zu Jahresbeginn einen relativ starken Abschwung gab, liegt nach Sandners Einschätzung auch daran, dass einige Investoren beim Erreichen der 40.000-Dollar-Marke am 8. Jänner Gewinne realisiert und größere Summen an Bitcoin verkauft haben.

Investments weiterhin hochriskant

Während es vor drei Jahren noch Zweifel am Bestand von Bitcoin als wichtigste Kryptowährung gab, sieht der Experte seine Stellung als Leitwährung am Markt zumindest mittelfristig nicht gefährdet. Wie es darüber hinaus weitergeht hängt wiederum davon ab, wie sich das Protokoll technisch weiterentwickelt. Langfristig hat der Bitcoin jedenfalls die Chance, sich als eigene Assetklasse zu etablieren.

Privatanlegern rät man am Blockchain Center allerdings "kategorisch davon ab, einen signifikanten Anteil des Vermögens (in Bitcoin) zu investieren". Hat man Interesse am Markt, sollte man jedenfalls mit kleinen Summen beginnen, um seine Dynamiken kennenzulernen.

Zukunftsversprechen DeFi-Tokens

Als eine der derzeit spannendsten Entwicklungen abseits klassischer Krypto-Coins sieht Sandner Tokens für dezentrale Finanzwirtschaft (DeFi), wie es sie mittlerweile etwa über die Ethereum-Plattform gibt.

Dieser Bereich stehe zwar noch am Anfang, "bietet aber ein überzeugendes Wertversprechen, bei dem Einzelpersonen und Institutionen einen breiteren Zugang zu Finanzanwendungen nutzen können, ohne dass ein vertrauenswürdiger Vermittler erforderlich ist". Davon könnten vor allem Menschen profitieren, die derzeit noch gar keinen Zugang zu diversen Finanzdienstleistungen haben.

Diem und E-Yuan

Obwohl der Start für die von Facebook ins Leben gerufene Digitalwährung Diem (vormals Libra) sehr holprig war und diese bis heute auch noch nicht geglückt ist, hat Sandner das Projekt noch nicht abgeschrieben. Gerade die Firmen hinter der zuständigen Diem Association – dazu zählen unter anderem der Venture-Capital-Riese Andreessen Horowitz, der Musikstreamingpionier Spotify und die Fahrtenvermittler Uber und Lyft – bedeuten gute Chancen für das kommende Zahlungsmittel. Speziell könnte es das Leben von Menschen in Ländern ohne funktionierendes Finanzsystem erleichtern. Hier bleibt aber ebenfalls abzuwarten, wie groß die Akzeptanz ist und wie die Gesetzgeber reagieren.

Zu Chinas kürzlich gestarteter, offizieller Kryptowährung Digital Currency Electronic Payment (DC/EP), oder auch gern "E-Yuan" genannt, vermag Sandner noch keine Prognosen zu treffen. Sie könnte der Industrie des Landes erhebliche Effizienzgewinne bescheren, allerdings ist noch zu wenig über die genaue Ausgestaltung bekannt. Zudem sollte man neben den positiven Aspekten auch negative Seiten, wie eine potenzielle Ausweitung des Überwachungsregimes, beobachten. (gpi, 28.1.2021)