Die Szene soll sich in einem Fahrzeug der Polizei abgespielt haben.

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Im Saal 20 des Bundesverwaltungsgerichts geht es bei der Verhandlung am Montag um sexuelle Belästigung, Gleichbehandlung und Mobbing bei der Polizei – die entscheidende Frage für Richter Ewald Schwarzinger ist aber die nach der Glaubwürdigkeit. Denn die Frage, was sich in einem Polizeiauto in Kärnten im Jahr 2018 abgespielt hat, können nur die Beamtin P. und ihr Vorgesetzter beantworten, die in dem Wagen Dienst versehen haben. Doch sie erzählen unterschiedliche Geschichten. Es steht Aussage gegen Aussage.

Der Vorwurf der Polizistin: Ihr Oberinspektor J. hätte sie während einer Ausfahrt im Nachtdienst "Milf" genannt – eine Abkürzung für "Mom I’d Like to Fuck". J. bestreitet das vehement. Unter jungen Kollegen seien solche Ausdrücke vielleicht üblich, aber "in meiner Altersgruppe gehört sich das nicht". Eine Disziplinarkommission hatte ihn zuvor für schuldig befunden, er hat dagegen berufen und verteidigt sich nun in der zweiten Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Richter Schwarzinger will von Oberinspektor J. wissen, welche Erinnerung er an den Dienst vom 2. September 2018 hat: J. sei mit P. im Zuge des Harley-Davidson-Treffens am Faaker See im Einsatz gewesen. Zu seiner Mitarbeiterin hätte er "ein kollegiales Verhältnis", mehr könne er über sie nicht sagen.

Mobbing und Cordula Grün

Zum Kontext, den der Richter ergründen will, gehören Mobbingvorwürfe, die von der Disziplinarkommission bereits rechtskräftig bestätigt wurden: P. sei gleich zu Beginn als dumm hingestellt und isoliert worden. Und: J. habe ein persönliches Interesse an ihr gezeigt. Die Polizistin wurde mittlerweile auf eigenen Wunsch hin versetzt.

Die Polizistin P. will sich bezüglich der nächtlichen Autofahrt am Faaker See an mehr erinnern als ihr Ex-Vorgesetzter. Demnach hätte es im Radio das Lied Cordula Grün gespielt, in dem der Sänger eine Frau anhimmelt – und J. hätte vor sich hingesagt: "Du bist meine Cordula Grün." Und ein paar Minuten später, völlig unvermittelt: "Milf." P. hätte ihm daraufhin gesagt, dass das nicht geht. Der hätte sich ganz überrascht gezeigt, dass sie den Begriff kenne.

Spontaner Anruf beim Soldaten

Kurz vor Ende der Verhandlung fällt P. noch ein, dass ein Soldat, mit dem sie im Einsatz waren, bestätigten könne, dass J. den Begriff "Milf" kenne. Der Richter lässt den Mann anrufen – und fragt nach. Ganz sicher ist sich der Soldat sich nicht, ob er J. kenne, aber er wisse von einem stattlich gebauten Polizisten, der "nicht so klass" zu P. gewesen sei.

Dem Richter ist der Fall jedenfalls "viel zu komplex", um noch am gleichen Tag eine Entscheidung zu treffen – das Urteil ergeht schriftlich. (Sebastian Fellner, 26.1.2021)