Seit bald 40 Jahren ist das Pars in Lerchenfeld die Adresse für persische Küche in Wien – seit dem Lockdown wird auch ausgeliefert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Viel exotischer als der Eintopf Fesendjan kann ein Essen kaum sein – vor allem wenn einem Wohlgeschmack und schmeichelndes Mundgefühl mindestens so wichtig sind wie die Geiselnahme der Geschmackspapillen durch Aromen, die von fernen, auf unbekannte Art kultivierten Traditionen erzählen.

Was auf den ersten Blick wie bemerkenswert cremiges Saftfleisch anmutet und mit unwirklich lockerem, sehr (sehr!) langkörnigem und buttrig gleißendem Basmatireis kombiniert wird, erweist sich beim ersten Bissen als genau jene Art von Schocktherapie, die jetzt gefragt ist. Wer sich aus Gemeinsinn über Monate wegsperren lässt, der verdient, zumindest, einen stetigen Fluss an Surrogaten, um den Mangel an Welt durchtauchen zu können.

Fesendjan besteht aus Hendl, geriebenen, gerösteten Walnüssen und Granatapfelmelasse, gewürzt mit Muskat, Zimt und Kurkuma. Die Sensation aber sind die gedörrten gelben Pflaumen, die mitgeschmort werden. Wie funkelnde Inseln ragen sie aus dem Meer der Würze empor und teilen dem Fleisch ihre fruchtige Säure auf wunderbar kontrapunktische Weise mit. Das ist große Küche, wie gemacht, einen aus der Tristesse dieses Winters zu beamen – und sei es nur für ein paar Augenblicke.

In Wien kann man sich diesen Fix seit bald 40 Jahren in der Lerchenfelder Straße checken. Das Pars wurde von Masiar und Azar Marandi im Jahr 1982 aufgemacht. Masiar arbeitete bis zur Revolution als Bankdirektor in Teheran, in der Emigration aber war Azars Kochkunst die Rettung der Familie. Am Anfang war es eine winzige Ausspeisung für heimwehkranke iranische Studenten in Wien, über die Jahre wurde ein Restaurant mit über 100 Sitzplätzen daraus.

Jetzt wird es schon seit Jahren von Sohn Sharam und Tochter Shima geführt, die Seniorchefitäten sind aber ungebremst weiter präsent. Mit dem Lockdown wurde prompt auf Lieferservice umgestellt. Ganz Wien geht sich mit den zwei bis drei Fahrern, die täglich im Einsatz sind, nicht aus. Bei größeren Bestellungen wird dem Vernehmen nach aber eine Ausnahme gemacht. Im Zweifel anrufen – oder selbst abholen.

Frucht und Fleisch

Djudje Torsch sind scharf gegrillte Hendlkeulen in einer Sauce aus Granatapfelmelasse und Limetten.
Foto: Gerhard Wasserbauer

In besseren Zeiten sind die Grillspezialitäten mindestens so gefragt, fürs Take-away empfehlen sich aber eher die (auch vegetarischen) Eintopfgerichte – sie lassen sich im Zweifel wunderbar aufwärmen, außerdem teilen sich die unwiderstehliche Exotik und die fantastische Kombination aus Fleisch und Frucht, Säure und Röstgeschmack in ihnen noch viel unmittelbarer mit.

Ghorme Sabsi zum Beispiel, ein Gericht, das vor Kräutern (darunter Bockshornklee!) buchstäblich übergeht, mit butterweichem Lamm und den legendär aromatischen, getrockneten Limetten Persiens, die beim Schmoren wieder aufquellen. Mit jedem Bissen fluten sie die Papillen mit Kaskaden sauer fruchtiger Aromen, wow.

Asche Anar mit Bulgur, Linsen und Bohnen mag nach patziger Stärkeration klingen – in der Kombination mit frischer Minze, Koriander, Petersilie und, natürlich, Granatapfel wird ein herrlich beschwingtes Gericht daraus. Baghalipolo, mit Dill und geschälten Saubohnen (ja!), geschmortem Reis mit in Kurkuma gesottenem Lammhaxel, ist eine urtümliche, tiefgrüne Herrlichkeit mit löffelweichem Fleisch, die man auch haben will.

Djudje Torsch, scharf gegrillte Hendlkeulen in einer Sauce aus Granatapfelmelasse und Limetten, sind (siehe Bild) die beste Option vom Grill, die kraftvollen Grillaromen amalgamieren ganz wunderbar mit der sauren Fruchtigkeit der Salsa. Vom Reis war schon kurz die Rede, er spielt in der persischen Küche eine zentrale Rolle und wird nirgends sonst zu solch luftig aromatischer Perfektion gedämpft. Auch davon kann man sich im Pars überzeugen. (Severin Corti, RONDO, 29.1.2021)

Die aktuellsten Kritiken von Severin Corti gesammelt