Die Regierung hat sich nach Gesprächen mit Experten, Landeshauptleuten und der Opposition offiziell beschlusslos vertagt und will erst in einer Woche (möglicherweise) weitreichende Beschlüsse über Lockdown, neuen Impfplan etc. fassen.

Das ist gut und richtig so. Denn wenn die Regierung je einen Plan hatte, dann ist er durch die neuen Gegebenheiten – Virenmutation, Lieferprobleme beim Impfstoff, zu geringe Wirkung der bisherigen Maßnahmen – über den Haufen geworfen.

Das Ziel der Regierung, verkündet vor wenigen Wochen, war es, die Neuinfektionen auf einen Wert zu drücken, der wesentlich geringer ist als die derzeitigen rund 1500 pro Tag. Damit hätte man das Virus sozusagen in Schach gehalten, bis die Impfungen großflächig greifen.

Die dazu notwendigen Maßnahmen wirken aber nicht wie erhofft – und zwar europaweit nicht –, weil a) neue Virusvarianten ansteckender sind und b) das Verhalten der Bevölkerung dem nicht entspricht.

Zielgerichtetes massives Testen wäre eine Maßnahmen, um die Sieben-Tage-Inzidenz zu drücken.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Überdies verzögern sich in Europa die Impflieferungen, wobei der Verdacht unethischen und vertragswidrigen Handelns der Pharmafirmen täglich drängender wird.

Was ist jetzt der Plan? Auf europäischer Ebene mit größtmöglicher Härte gegen die Pharmafirmen vorgehen. Die Firmen wollen ja weiter möglichst reibungslos ihre Produkte genehmigt bekommen und auch exportieren.

Scheinberuhigung

Davon abgesehen, müssen die einzelnen Staaten, also auch Österreich, ihre bisherigen Strategien, bzw. Pseudostrategien, überprüfen. Österreich ist von einem harten Lockdown im Frühjahr über Scheinberuhigung im Sommer und halbherzige, stufenweise verschärfte Maßnahmen im Herbst bei der jetzigen Situation gelandet: Die Maßnahmen greifen nicht richtig, weil sich ein guter Teil der Bevölkerung nicht daran hält, weil die Regierung ohne ausgearbeiteten Plan regiert und weil sie fehlerhaft kommuniziert. Die Türkisen wollen keine Fehler zugeben, ihre spezielle Klientel nicht verärgern (Skilifte) – und träumen gleichzeitig von leicht autoritären "Wir lösen das auf einen Schlag"-Maßnahmen, die nicht funktionieren wie etwa die Massentests. Die Grünen hören sich inzwischen an wie ein Meditations-"Ommmm".

Dazu kommen auf der bürokratischen Ebene haarsträubende Fehler: Wir (auch die Regierung) haben Millionen chinesischer KN95-Masken eingekauft, und das Gesundheitsministerium verbreitet Falschmeldungen, dass sie nicht gelten.

Die Situation ist bedrohlich und Besserwissertum nicht angebracht. Aber die Bevölkerung hat ein Recht auf ungeschminkte, klare Information und darauf, nicht wie kleine Kinder ("Babyelefant") behandelt zu werden. Wahrscheinlich gibt es das Patentrezept nicht, oder es ist nicht machbar ("Zero Covid"). Aber es gibt eine Kombination von Maßnahmen: ein ernst genommener Lockdown, um die Sieben-Tage-Inzidenz in Richtung 50 Infektionen pro 100.000 zu drücken, wirklich zielgerichtetes massives Testen, mit harten Bandagen um den Impfstoff kämpfen – und die bisherige Impfstrategie logistisch neu aufsetzen.

Das muss man beschließen, präsentieren und durchsetzen. Das wäre Krisenmanagement.(Hans Rauscher, 26.1.2021)