Neuhold ist seit 2017 Chef der Wirtschaftsbetriebe.

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Was liegt, das pickt. Der europäische Fußballverband Uefa hält/klebt an der paneuropäischen EM in zwölf Ländern (Städten) vom 11. Juni bis 11. Juli. Ob sich das Coronavirus in all seinen Mutationen an den Plan hält, ist freilich offen. In der Vorwoche fand ein Finalisten-Workshop statt, natürlich digital. Bernhard Neuhold, der Wirtschaftsgeschäftsführer des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB), nahm daran teil. "Es gibt offiziell keine alternativen Szenarien zum Format mit den zwölf Städten. Es ging in erster Linie um die Auslastung der Stadien." Ein vierstufiges Konzept wurde vorgelegt, es reicht von null bis 100 Prozent. Eine Geister-EM wäre also möglich, so bitter sie auch sein mag.

Am 5. März soll alles offiziell werden. Neuhold zum STANDARD: "Eine komplette Absage ist jedenfalls kein Thema." Er glaube aber schon, "dass im Hintergrund über die Austragung in nur einem Land nachgedacht wird". Vor ein paar Tagen wurde das Gerücht gestreut, Wien könne einspringen. Neuhold hat das "mit großer Verwunderung zu Kenntnis genommen". Das sei völlig absurd, wäre ganz nebenbei nicht zu stemmen. Die Endrunde umfasst 51 Partien. Viertelfinale auf dem Sportklubplatz in Hernals, Halbfinale auf der Hohen Warte in Döbling. Das wäre zwar charmant, aber doch irgendwie doof.

Die Lösungen des Fußballs

Der 45-jährige Neuhold zählt sich nicht zur Gruppe der Hobbyvirologen. "Keine Ahnung, wann man die Pandemie in den Griff bekommt, das Leben halbwegs normal wird." Ob es nicht skurril ist, wenn 24 Teams einen Monat lang quer durch Europa fliegen, will der Geschäftsführer zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, also während des Lockdowns, nicht beantworten. "Der Fußball hat auch im Vorjahr gezeigt, dass er Lösungen finden kann. Natürlich keine nachhaltigen, aber kurzfristige." Er verweist auf das durchaus gelungene Finalturnier der Champions League und die Länderspiele im Herbst, die nationalen Ligen wurden relativ unfallfrei durchgezogen.

Der ÖFB plant ins leicht Ungewisse. Die EM-Gruppengegner sind die Ukraine, Nordmazedonien (jeweils in Bukarest) und die Niederlande in Amsterdam. Das Camp soll in Seefeld aufgeschlagen werden. Weit früher, Ende März, startet die WM-Qualifikation. Der Auftakt erfolgt am 25. in Glasgow gegen Schottland, der ÖFB ist bereits mit dem Botschafter in Verbindung. "Es ist fest davon auszugehen, dass wir spielen."

Stand der Dinge

Am 28. und am 31. wird im Wiener Happel-Stadion gegen die Färöer und Dänemark gekickt. Nach dem Stand der Dinge sind es Geisterpartien. Der wirtschaftliche Schaden für den ÖFB ist noch nicht absehbar. Neuhold sagt: "Das Virus kann den Verband nicht zerstören, es kann ihn nur wirtschaftlich schädigen." Und das tut es. Normalerweise beträgt das Budget rund 45 Millionen Euro, es wurde reduziert, der Kampf um Sponsoren ist hart. Der Verlust liegt im siebenstelligen Bereich. "Genaue Zahlen kann man frühestens am Jahresende nennen. Wir haben heuer sechs Heimspiele, wissen nicht, ob mit oder ohne Fans." Die EM garantiert ein Startgeld von acht Millionen, allerdings müssen Spesen und Prämien abgezogen werden.

Im Breitensport hinterlässt Corona tiefere Spuren. Es gibt rund 2000 Vereine, sie sind praktisch zu Untätigkeit gezwungen, Kinder dürfen kaum kicken. Ehrenamtliche Funktionäre hören auf, die Pyramide wackelt. "Nach der Pandemie muss man alles evaluieren."

Neuhold hat das eine oder andere Profigeisterspiel gesehen. Mit äußerst gemischten Gefühlen. "Man sehnt sich nach der Rückkehr der Emotionen, der alten Atmosphäre." Er harrt der Entscheidung der Uefa am 5. März. "Ob sie eine endgültige ist, wird man aber nicht genau wissen." (Christian Hackl, 27.1.2021)