In ersten Heimen wurden alle, die das wollten, bereits geimpft. An die Maßnahmen müssen sie sich dennoch weiterhin halten, das soll sich frühestens im März ändern.

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Monatelang hoffte das ganze Land auf die Corona-Impfung. Endlich wieder Kontakt haben zu können, zu all den Verwandten, die man gezwungenermaßen vernachlässigen musste, war die Hoffnung vieler.

Nur: In der Realität wird das vorerst nichts ändern für die knapp 100.000 Bewohnerinnen und Bewohner in Österreichs Heimen. Die geltenden Regeln sind weiter streng: ein Besuch pro Woche, dazu Test bei Personal, Bewohnerschaft und allen Externen, die ins Heim kommen. Und dass diese für geimpfte Personen gelockert werden, ist aktuell nicht in Aussicht.

Länder fordern Lockerungen

Einen entsprechenden Vorschlag der SPÖ lehnte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwoch ab. Er ersuchte "um etwas Geduld", man wolle den Februar abwarten, "alle Durchimpfungen abschließen und das Mutationsaufkommen beobachten": Ende März wolle man eine Evaluierung durchführen und erst dann eventuelle Erleichterungen zulassen. Zuvor forderten SPÖ-Landespolitiker und -politikerinnen aus mehreren Bundesländern via Aussendung "eine Verordnungsänderung und Klarstellung für jene Altenbetreuungseinrichtungen, die bereits immunisiert sind", bis Ende Februar.

Laut Simon Bluma, Geschäftsführer des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP), wird genau das in den Heimen zunehmend Thema: "Die Bewohnerinnen und Bewohner wollen wissen, warum sie noch Maske tragen müssen, wenn sie ohnehin geimpft sind", sagt er. Was man antwortet? Dass es irgendwann Lockerungen geben werde, aber man nun eben noch nicht so weit sei.

Zumindest das Infektionsgeschehen in den Heimen scheint sich langsam, aber sicher zu entspannen. Die Zahlen gehen zurück, aktuell sind 700 Bewohnerinnen oder Bewohner und knapp 500 Personalmitglieder mit dem Virus infiziert. Doch das Jahr der Pandemie hat den Alltag in Alten- und Pflegeheimen drastisch verändert.

Betten bleiben leer

In der Vergangenheit – spätestens seit der Abschaffung des Pflegeregresses – war es in manchen Teilen Österreichs kaum möglich, einen Platz in einem Altersheim zu bekommen. Nun stehen plötzlich Betten leer. Das liegt einerseits an den hohen Todeszahlen in den Heimen, andererseits aber auch daran, dass Angehörige ihre Eltern oder Großeltern zunehmend ungern in Altersheimen unterbringen.

Ein Rundruf des STANDARD bei mehreren großen Heimbetreibern zeigt, dass viele Häuser derzeit geringer ausgelastet sind als sonst. Etwa jene des KWP, eines der großen städtischen Betreiber in Wien. Dort sei man derzeit um drei bis vier Prozent unterbelegt, heißt es von einem Sprecher. Grund dafür sei eine geringere Nachfrage "aufgrund der Corona-Zahlen". Laut Geschäftsführer Bluma sei es aber nicht passiert, dass Angehörige Heimbewohnerinnen oder -bewohner nach Hause holten. Dafür sei 2020 der Einzug "wesentlich schleppender" gewesen als noch im Vorjahr. Auch in den Häusern des Gesundheitsverbunds liegt die Auslastung nicht bei wie gewohnt 98, sondern bei 95 Prozent, berichtet ein Sprecher.

In einigen Häusern von Senecura, einem der größten privaten Betreiber von Pflegeeinrichtungen, gingen die Anmeldung sogar um bis zu 30 Prozent zurück. Laut Senecura-Geschäftsführer Markus Schwarz sind die Gründe dafür vielfältig. Er geht davon aus, dass mehr Menschen nun wegen Kurzarbeit oder arbeitssuchend zu Hause sind und daher mehr Zeit haben, die pflegebedürftigen Angehörigen selbst zu betreuen. In manchen Fällen sei das Pflegegeld auch schlichtweg ein wichtiger Beitrag zum Familienbudget. In den Seniorenheimen der Stadt Salzburg hingegen gibt es mehr Anmeldungen als im Vorjahr.

Tausende starben

Der zweite Faktor, warum teilweise die Betten leerer sind als sonst, ist eine erhöhte Übersterblichkeit. Im Jahr 2020 starben insgesamt um 9,5 Prozent mehr Personen als 2019, bei Personen mit Hauptwohnsitz im Senioren- oder Pflegeheim waren es 12,5 Prozent. Von den gut 8000 Personen, die seit Beginn der Pandemie in Österreich starben, lebten 3500 in Alters- und Pflegeheimen.

Auch in den Häusern des KWP merke man "natürlich eine messbare Übersterblichkeit", sagt der Sprecher. Von der Caritas Wien wiederum heißt es, die Belegung in den Häusern sei im Großen und Ganzen stabil – mit Ausreißern, wenn etwa wegen Corona-Fällen ein Aufnahmestopp verhängt wurde. Aber: Die Verweildauer in den Häusern sei gesunken, sagt ein Sprecher, "Personen waren weniger lange im Haus, weil sie früher gestorben sind". Das liege auch daran, dass in die Häuser zwischenzeitlich Spitalspatienten und -patientinnen aufgenommen wurden. Der Gesundheitsverbund betont: Mit 19 Covid-Todesfällen liege man im Vergleich recht niedrig.

Kontaktpersonen arbeiten zum Teil

Doch trotz leerer Betten ist die Arbeitssituation von Pflegekräften nicht erst seit der Corona-Krise angespannt. Zum ohnehin schon knapp bemessenen Personalschlüssel kommen nun Quarantäneausfälle im Personal, außerdem fallen Leistungen weg, die früher Besucher oder Besucherinnen übernahmen, die nun noch selten kommen dürfen.

Das ist mit ein Grund dafür, dass Pflegekräfte und anderes Schlüsselpersonal in manchen Fällen auch dann arbeiten dürfen, wenn sie Kontakt zu einer Corona-infizierten Person hatten. Auch wenn das gesetzlich zugelassen wäre, so heißt es von fast allen Häusern, die der STANDARD kontaktierte, man setze K1-Kontaktpersonen nicht ein.

Einzig der Gesundheitsverbund gibt an, man setze Schlüsselkräfte auch dann ein, wenn sie K1-Kontaktpersonen sind, aber nur freiwillig und wenn diese keine Symptome und einen negativen Test haben. Außerdem müssen diese Personen ein Tagebuch führen, FFP2-Maske tragen und zehn Tage lang ihre Kontakte einschränken. (Stefanie Ruep, Gabriele Scherndl, 11.2.2021)