Zuletzt wurde diskutiert, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden verpflichtend die Möglichkeit zur Telearbeit anbieten sollten, wenn das möglich ist. Davon hat die Regierung in der neuen Homeoffice-Regelung jedoch Abstand genommen. Die Arbeit in den eigenen vier Wänden bleibt weiterhin Vereinbarungssache.

Auch die große Mehrheit (83 Prozent) der Vorgesetzten lehnt einen Rechtsanspruch der Arbeitenden auf Homeoffice ab und will auf unternehmensspezifische Lösungen setzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die vom 25. November bis zum 15. Dezember 2020 insgesamt 252 Unternehmen ab einer Grüße von 200 Mitarbeitenden befragt wurden, die ihren Beschäftigten grundsätzlich die Möglichkeit zu Homeoffice anbieten.

Sieben von zehn Unternehmen (69 Prozent) ermöglichten zwar bereits vor dem ersten Lockdown in Einzelfällen oder grundsätzlich Remote Working, doch nur die Hälfte (51 Prozent) hatte zu diesem Zeitpunkt die technischen Voraussetzungen für Homeoffice implementiert. Ein knappes Viertel (23 Prozent) hat digitale Übergangslösungen während der Pandemie geschaffen, die Hälfte (48 Prozent) sogar zusätzlich nachhaltige Lösungen.

Homeoffice primär für Angestellte

Mehr als jeder dritte Angestellte arbeitet derzeit von zu Hause aus, aber nur rund jeder 15. Arbeiter. Derzeit befinden sich bei 96 Prozent der befragten Unternehmen Angestellte im Homeoffice, bei einem Viertel (26 Prozent) sogar mehr als die Hälfte. Ganz anders sieht die Lage für Arbeiter aus: Bei sieben von zehn Unternehmen arbeiten alle Arbeiter an ihrem Dienstort, lediglich drei Prozent haben mehr als die Hälfte ihrer Arbeiter im Homeoffice.

Für die nähere Zukunft gibt es laut Einschätzung der Unternehmen für knapp die Hälfte (47 Prozent) der Angestellten Homeoffice-Möglichkeiten – dafür sehen sie nur für acht Prozent aller Arbeiter künftig ebenfalls Chancen, ihre Tätigkeit nach Hause zu verlagern. Vor allem Angestellte öffentlicher Institutionen (60 Prozent) könnten problemlos aus dem Homeoffice arbeiten, das Schlusslicht bilden Arbeitnehmer aus dem Bereich Handel und Dienstleistungen (35 Prozent).

Diese Auffassung der Unternehmer bezüglich Homeoffice-Möglichkeiten spiegelt sich auch in realen Zahlen wider: In fast jedem dritten der befragten Unternehmen (30 Prozent) befinden sich derzeit ein Großteil oder sogar alle Mitarbeitenden im Homeoffice – an der Spitze steht der öffentlichen Dienst (50 Prozent). Bei einem weiteren Drittel der Betriebe (32 Prozent) sind aktuell Teile einzelner Abteilungen in Heimarbeit, bei wiederum 35 Prozent beschränkt sich Teleworking auf vereinzelte Mitarbeitende. Lediglich drei Prozent haben derzeit gar keine Beschäftigten im Homeoffice, obwohl sie diese Möglichkeit anbieten.

Arbeitende schöpfen Kapazitäten weitgehend aus

Der Großteil der Arbeitenden mit Möglichkeit zu Homeoffice nimmt dieses auch gerne in Anspruch: Insgesamt gehen mehr als acht von zehn Arbeitnehmern (84 Prozent) derzeit ihrer Tätigkeit in den eigenen vier Wänden nach. Im Bereich Arbeiter sind es sogar 88 Prozent. Maximal ausgeschöpft ist die Homeoffice-Option aktuell für Arbeiter in öffentlichen Institutionen, wo jeder, der in den eigenen vier Wänden arbeiten kann, das auch tut. Auch bei Angestellten werden die Homeoffice-Kapazitäten weitgehend genutzt: Hier arbeiten aktuell 79 Prozent aller Angestellten mit Homeoffice-Möglichkeit zu Hause statt im Büro.

"Die Zahlen sprechen für sich: Homeoffice ist mittlerweile definitiv nicht mehr die Ausnahme, viele haben es bereits fest in der Unternehmenskultur verankert – und diese Möglichkeit wird von Arbeitnehmern auch weitgehend angenommen. Auch in Zukunft sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumeist einig, dass Homeoffice beibehalten werden soll", sagt Regina Karner, Leiterin People Advisory Services und Partnerin bei EY.

Überwiegend positive Auswirkungen sehen die befragten Führungskräfte vor allem in Bezug auf Arbeitsergebnisse und Employer-Branding. Das Teamgefühl leidet eher unter den Auswirkungen vom Arbeiten auf Distanz. Fehlender sozialer Kontakt zur Kollegenschaft wird dabei von jedem Zweiten (49 Prozent) genannt, auch die Abstimmung innerhalb der Teams ist für viele schwierig (44 Prozent).

Fast zwei Drittel der Führungskräfte (63 Prozent) schätzen die Produktivität der Mitarbeitenden im Homeoffice genauso hoch ein wie beim Arbeiten im Betrieb. 16 Prozent gehen sogar von gesteigerter Mitarbeiterproduktivität aus, 21 Prozent hingegen bewerten die produktive Leistung als geringer.

Die große Mehrheit der Vorgesetzten favorisiert, den Remote-Working-Anspruch unternehmensspezifisch festzulegen und lehnen einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Homeoffice ab.
Foto: Shutterstock

Flexible Rahmenbedingungen

Im Durchschnitt wünschen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 1,9 Tage Homeoffice pro Woche – auch Arbeitgeber halten zwei Tage für sinnvoll. Gut jede vierte Führungskraft (26 Prozent) wünscht sich in Zukunft sogar drei oder mehr Homeoffice-Tage pro Arbeitswoche.

Die große Mehrheit (83 Prozent) der Vorgesetzten favorisiert, den Remote-Working-Anspruch unternehmensspezifisch festzulegen, und lehnt einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Homeoffice ab. Nur etwas mehr als jede zehnte Führungskraft (12 Prozent) erachtet einen solchen Rechtsanspruch als sinnvoll. Speziell Industriebetriebe und Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern setzen auf individuelle Lösungen.

Vier von zehn Führungskräften (40 Prozent) halten die derzeitigen arbeitszeitrechtlichen Rahmenbedingungen, Höchstarbeitszeit, Überstunden, Ruhezeiten und Ähnliches, mit einer Homeoffice-Tätigkeit in Bezug auf den Großteil der Mitarbeitenden für kompatibel, weitere 20 Prozent zumindest für einzelne Abteilungen. Nur zwei Prozent der Unternehmen sehen keine Kompatibilität der aktuellen arbeitszeitlichen Rahmenbedingungen mit einer Tätigkeit im Homeoffice. Jedoch halten Führungskräfte die Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Homeoffice durchgehend für wichtig.

"Nicht nur der Wunsch nach Homeoffice, sondern auch die Wichtigkeit hat sich in den letzten Monaten stark gesteigert. Was für viele zu Beginn letzten Jahres noch Wunschdenken war, ist nun oft selbstverständlich. Doch erst drei von zehn Unternehmen haben das Thema Teleworking bereits in aktuellen Dienstverträgen geregelt, weitere 28 Prozent planen, dies in Zukunft zum Beispiel durch Zusätze zu tun – 43 Prozent sehen allerdings keinen Handlungsbedarf", sagt Oliver Suchocki, Leiter HR-Consulting und Associate Partner im Bereich People Advisory Services bei EY.

Keine Evaluierung

Vertrauen und Sicherheit spielen bei einer Verlegung des Arbeitsplatzes nach Hause eine große Rolle. Drei Viertel der Unternehmen (74 Prozent) halten ihre aktuellen Schutzvorkehrungen für uneingeschränkt ausreichend, um Datensicherheit und Vertraulichkeit im Homeoffice zu gewährleisten. Eine Evaluierung des Arbeitsplatzes in den eigenen Wänden der Arbeitnehmer kommt für drei von vier Führungskräften (76 Prozent) nicht infrage – nur acht Prozent der Unternehmen, die bereits Homeoffice anbieten, haben die Arbeitsplätze ihrer Beschäftigten im Homeoffice evaluiert, zum Beispiel durch Vor-Ort-Besichtigungen oder Fotos.

Drei Viertel der Führungskräfte (73 Prozent) bietet ihren Mitarbeiten bereits mehrere Arbeitsbereichsoptionen, zum Beispiel offene Räume, Konferenzzimmer oder Ruhebereiche, an – vier Prozent möchten das künftig tun. Vor allem in der Industrie und bei größeren Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern gibt es mehrere Auswahlmöglichkeiten. Für ein knappes Viertel der Unternehmen ist auch weiterhin nur ein einziger Arbeitsbereich vorstellbar.

Weniger an Kosten beteiligen

Die große Mehrheit der Unternehmen (85 Prozent) beteiligt sich laut eigenen Angaben an der Ausstattung des Homeoffice ihrer Mitarbeitenden. Arbeitsmittel werden vor allem in Form von Laptops oder Mobiltelefonen zur Verfügung gestellt (78 Prozent). Fast jeder fünfte Betrieb (17 Prozent) bietet zudem Büroausstattung, knapp jeder zehnte (neun Prozent) unterstützt durch anteilige Kosten bei Strom oder Telefonie. Am höchsten ist der Anteil der Unternehmen, die sich an der Ausstattung beteiligen, bei öffentlichen Institutionen (93 Prozent), gefolgt von Handel und Dienstleistungen (87 Prozent) sowie Industrie (85 Prozent).

"Nicht nur für viele Arbeitnehmer wird das Homeoffice zur Selbstverständlichkeit, auch die Arbeitgeber sehen die zu Hause geleistete Arbeit als neue Normalität an. Die Bereitschaft, Homeoffice außerordentlich zu entlohnen oder monetär zu fördern, sinkt aber dabei", analysiert Karner. Denn: In Zukunft wollen sich nur mehr sechs von zehn der Unternehmen (59 Prozent) an der Ausstattung beteiligen. Auch ein Wechsel in der Art der Unterstützung ist erkennbar. Die Erstausstattung eines Büros oder Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln nimmt künftig nur mehr 15 beziehungsweise elf Prozent ein, 17 Prozent der Unternehmen würden sich in Zukunft an den Internetkosten im Homeoffice beteiligen.

Wie hoch die Beteiligungskosten tatsächlich sind, kann die große Mehrheit der Unternehmen nicht sagen. Nur elf Prozent der befragten Führungskräfte von Unternehmen, die bereits Homeoffice anbieten, können einen Fixbetrag nennen, der pro Person als Kostenbeitrag für das Homeoffice in Zukunft gezahlt werden würde. Einen monatlichen Unterstützungsbetrag können 13 Prozent der Befragten angeben. Elf Prozent gaben an, monatlich mit "bis zu EUR 100" unterstützen zu wollen.

Recruiting in vollem Gange

Gut acht von zehn Unternehmen (82 Prozent) haben seit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 Personal eingestellt – am höchsten ist der Anteil in der Industrie (89 Prozent), am niedrigsten bei öffentlichen Institutionen (74 Prozent). Größere Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern haben überdurchschnittlich häufig neues Personal eingestellt (91 Prozent).

Im Recruiting-Prozess hat sich in den letzten Monaten einiges verändert, denn die Mehrheit der Unternehmen (51 Prozent) entschied sich für einen Mix und hat vermehrt virtuell, aber auch mittels persönlicher Interviews rekrutiert. 40 Prozent bevorzugten den traditionellen Weg des persönlichen Austausches. Nur neun Prozent der Betriebe setzte ausschließlich auf rein virtuelles Recruiting: Vor allem öffentliche Institutionen wählten ausschließlich Online-Bewerbungsprozesse (19 Prozent).

"In fast allen Unternehmensbereichen hat Covid-19 Veränderungen angestoßen, viele Führungskräfte wurden aus einer Starre gelockt und mussten sich neuen Themen wie Homeoffice oder virtueller Rekrutierung stellen. Eine große Challenge wartet allerdings noch – die Transformierung in das Post-Corona-Zeitalter. Entscheider müssen genau überlegen, welche Neuerungen sie mitnehmen und in welchen Bereichen sie alten Mustern sinnvollerweise treu bleiben", schließt Suchocki. (red, 28.1.2021)