Im Ballsaal: Zeitgenössische Kunst trifft auf pompöses Interieur.

Foto: kunst-dokumentation.com

Das Ambiente mutet royal an. Pompöse Kristallleuchten hängen an den Decken, Stuck und dicke Vorhänge zieren die Wände – mittendrin sind historische Schauvitrinen platziert und mit zeitgenössischen Kunstobjekten gefüllt. Der mit gelb-blau gemustertem Teppichboden ausgekleidete Ballsaal des Wiener Hotels Intercontinental am Stadtpark blieb wochenlang unberührt, nun wird er zum ungewöhnlichen Schauplatz einer neuen Kunstmesse.

Dabei hätte es auch eine einfach große Ausstellung werden können, sagt Sophie Tappeiner, die gemeinsam mit Henrikke Nielsen und Emanuel Layr die Interconti Wien ins Leben gerufen hat. Das Label "Messe" war den drei Wiener Galeristen aber wichtig, da im Vorhinein signalisiert werden sollte, dass hier Kunst gekauft werden kann.

Als hybrides Event (physisch aufgebaut, online zu besuchen) richtet sich das Format an die Szene selbst und soll allen voran den Künstlern und Künstlerinnen, die aktuell besonders unter den geschlossenen Galerien, abgesagten Ausstellungen und verschobenen Kunstmessen leiden, Visibilität schenken. "Wir sind aktiv", lautet die Botschaft.

Generationsübergreifend

Von einer klassischen Messe unterscheidet sich aber nicht nur die Art der Präsentation, sondern auch ihr Umfang: Insgesamt sind es nur 13 Aussteller – pro Teilnahme eine Vitrine, pro Vitrine eine Position. Darunter finden sich viele junge Wiener Galerien wie Gianni Manhattan oder Ermes Ermes, aber auch eingesessene wie die Galerien von Rosemarie Schwarzwälder (Nächst St. Stephan) oder Georg Kargl. Als einzig keine Galerien tanzt die Kunsteditionen-Plattform "and the editions" von Anna Ebner aus der Reihe, die auch eine der Vitrinen mit einer Solo-Präsentation bespielt.

Für mehr Positionen habe es leider keine Ressourcen und auch keinen Raum gegeben, erklärt Tappeiner. "Mit der Auswahl haben wir einen generationsübergreifenden Schnitt geschaffen." Dieser soll einen Einblick in die vielfältige Wiener Galerien- und Kunstszene gewähren – und so auch internationales Publikum ansprechen.

Insgesamt gibt es 13 Aussteller – pro Teilnahme eine Vitrine, pro Vitrine eine Position.
Foto: kunst-dokumentation.com

Mehr als zweidimensional

Ursprünglich wäre die Interconti Wien vier Tage lang als physische Messe zu besuchen gewesen. Da ein reales Stattfinden aber von Anfang an als unwahrscheinlich galt, wurde eine hybride Form erarbeitet. Ab heute, Donnerstag, 12 Uhr wird die Messe online auf der Homepage der Interconti abgehalten und läuft dort bis 7. Februar. Wichtig war den Initiatoren, keine zweidimensionalen Bilder online zu zeigen, sondern eine digitale Übersetzung zu finden:

So führt ein Live-Video durch den Ballsaal und zu den einzelnen Vitrinen, die das Museum für angewandte Kunst als Display zur Verfügung gestellt hat. Zusätzliche Interviews mit Sammlerinnen oder Galeristen liefern Hintergrundinfos.

Ähnlich einem realen Messebesuch können dort je nach Geschmack Präsentationen interaktiv übersprungen – oder bei Interesse angeklickt sowie Infos zu Künstlern, Werken und Preisen angefordert werden. Letztere sollen aus Gründen der Transparenz von den Galerien angegeben werden.

Kunst und Käsekrainer

Als kleines Schmankerl poppen zwischendurch auch anekdotenhafte Snapshots von typisch Wienerischem auf – Ansicht vom Stephansdom, Wiener Design-Label, Käsekrainer vom Würstelstand.

Und die Kunst selbst? So wie auch die Galerien stammen die dreizehn gezeigten Künstler aus unterschiedlichen Generationen, wobei etwa die Hälfte von ihnen in Wien lebt und arbeitet. So spannt sich das Spektrum von der Künstlerin Anna-Sophie Berger (Layr), über das Kollektiv Gelatin (Meyer Kainer) bis hin zum japanischen Künstler Soshiro Matsubara (Croy Nielsen).

Manches wurde extra für die Präsentation produziert: So hat Melanie Ebenhoch (Martin Janda) eine ihrer Hüte passend mit Hotel-Motiv gestaltet. Ein verlassener Flur erinnert an Shining und den Ort, an dem man sich gerade befindet. (Katharina Rustler, 28.1.2021)