Barbara Stelzl-Marx, Wolfgang Sobotka, Rebekka Salzer, Jennifer Teege und Elie Rosen (v.l.n.r.) bei der Diskussion am Mittwoch im Parlament. Die Gesprächsrunde wurde auf der Parlamentsseite und im ORF übertragen.

Foto: Parlament

Am 27. Jänner 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit. Die Uno erklärte den Tag 2005 zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.

Pandemiebedingt verlegte auch die Politik dieses Gedenken heuer ins Netz. Im Parlament hielten Abgeordnete aller Fraktionen bereits vor einer Woche Schilder mit dem Hashtag #WeRemember hoch und beteiligten sich so an der Bewusstseinskampagne von Unesco und dem World Jewish Congress.

"Grundrechte verteidigen"

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen beteiligte sich an der Initiative. Er betonte, man müsse Antisemitismus und Rassismus entschieden entgegentreten. "Niemals wieder" hieße aber auch, "dass wir uns jeglichem Versuch der Zerstörung des Rechtsstaates und der liberalen Demokratie entgegenstellen und die Grund- und Freiheitsrechte entschieden verteidigen".

Im Ministerrat wurde am Mittwoch zudem die Nationale Strategie gegen Antisemitismus, ein umfassendes Maßnahmenpaket, das Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vor einer Woche präsentiert hatte, beschlossen. Großes Lob gab es für das "historische Paket" vom Leiter der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, der Teil einer Diskussionsrunde im Parlament war, die live auf ORF 2 übertragen wurde. Mit der Moderatorin Rebekka Salzer sprachen neben Rosen, der 2020 selbst Opfer von Judenhass wurde, auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), die Historikerin Barbara Stelzl-Marx und Jennifer Teege, Enkelin des KZ-Kommandanten Amon Göth, der vielen aus dem Film Schindlers Liste als Schlächter von Płaszów bekannt ist. Die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers wurde adoptiert und erfuhr erst mit 38 Jahren durch ein Buch, wer ihr Großvater war. Sie schrieb darüber das Buch: Amon: Mein Großvater hätte mich erschossen.

Täter- und Opferfamilien

In der Runde ging es auch sonst um persönliche Zugänge zum Holocaust. Sobotka erzählte, er habe vor der Veranstaltung noch dutzende Briefe seines Großvaters, eines überzeugten SA-Mannes, gelesen, dessen Geschichte ein Grund war, warum der Enkel Geschichte studierte und sich mit Widerstandskämpfern beschäftigte.

Elie Rosen erinnerte sich an Anfeindungen im Gymnasium in Wien in der Zeit der Waldheim-Affäre, die zum Schulwechsel führten. "Ich höre immer vom Aufkeimen des Antisemitismus", sagte Rosen, "der Antisemitismus war nie weg" und sei "keine Frage von links oder rechts".

Stelzl-Marx warnte vor der "Inflation von Vergleichen der Corona-Leugner mit Opfern des Holocaust". Diese kritisierte am Gedenktag auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP): "Durch die Verharmlosung von Symbolen und Taten des nationalsozialistischen Terrorregimes versuchen Rechtsextreme, die Akzeptanz für einen Schlussstrich mit der Auseinandersetzung der Gräueltaten des NS-Regimes in die Mitte der Gesellschaft zu rücken", so Nehammer, der dagegen entschieden auftreten wolle.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) twitterte, dass Österreich "historisch Verantwortung" trage, "dass Juden in Österreich und ganz Europa in Sicherheit leben können."

(Colette M. Schmidt, 28.1.2021)