Anders Besseberg sieht sich massiven Vorwürfen ausgesetzt.

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Salzburg – Die ehemalige Spitze des Biathlon-Weltverbandes um Ex-Präsident Anders Besseberg soll bei der jahrzehntelangen Vertuschung russischer Dopingfälle "systematisch korruptes und unethisches Verhalten" an den Tag gelegt haben. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der unabhängigen externen Überprüfungskommission (ERC) des Weltverbandes IBU mit Sitz in Salzburg hervor.

Vorwürfe werden bestritten

Der Norweger Besseberg und später auch die ehemalige Generalsekretärin Nicole Resch sollen von 2008 bis 2018 offensichtlich "Interessen des russischen Verbandes, insbesondere im Zusammenhang mit der Dopingbekämpfung, ohne triftigen Grund geschützt haben", hieß es im ERC-Abschlussbericht. Besseberg und die Deutsche Resch bestreiten die Vorwürfe. Gegen das Duo laufen in Norwegen bzw. Österreich nach wie vor behördliche Ermittlungen.

Vor allem Besseberg, der von 1993 bis 2018 den Verband geführt hatte, habe nach Ansicht der Kommission auch schon vor 2008 offenbar keine Rücksicht auf "ethische Werte genommen und kein wirkliches Interesse daran gehabt, den Sport vor Betrug zu schützen".

Besseberg soll von den Russen mit Bestechungsgeldern, "Jagdausflügen und Prostituierten belohnt worden" sein, hieß es in dem Bericht. Resch soll demnach vor allem bei der Verfolgung von russischen Dopingsündern nicht konsequent gewesen sein. Aus gesundheitlichen Gründen konnte sie im Rahmen der Untersuchung nicht befragt werden.

Ermittlungen seit Ende 2017

"Das völlige Fehlen grundlegender Sicherheitsvorkehrungen in der IBU bedeutete, dass die frühere IBU-Führung ohne Kontrolle, ohne Transparenz und ohne Rechenschaftspflicht agieren konnte", sagte der ERC-Vorsitzende Jonathan Taylor.

In Österreich laufen seit Ende 2017 Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Doping- und Betrugsverdachts sowie Geschenkannahme. Besseberg und Resch haben die Vorwürfe stets bestritten. Die beiden Funktionäre hatten ihre Ämter seit April 2018 ruhen lassen.

Beide wurden bisher nicht wegen einer Straftat angeklagt, so lange gelte die Unschuldsvermutung, hieß es. Aufgrund der laufenden Verfahren enthält der öffentlich zugängliche ERC-Bericht zahlreiche geschwärzte Stellen.

Anwalt: Besseberg war "Hardliner" gegen Doping

Norbert Wess, der Rechtsanwalt von Besseberg, weist die Vorwürfe in einem an den STANDARD gerichteten Statement am Donnerstag vehement zurück. "Mein Mandant hat seit Anbeginn betont, dass er mit den Strafverfolgungsbehörden kooperieren werde, um den Sachverhalt aufzuklären. Er war sehr wohl ein "Hardliner" gegen Doping, es war ihm stets ein besonderes Anliegen, alle Vorwürfe von Doping aufzuklären, unabhängig von der Nationalität des betreffenden Athleten. Herr Besseberg hat zu keiner Zeit auch nur versucht, die Aufklärung von Dopingverdachtsfällen betreffend russischer Biathleten zu verzögern, zu verhindern oder zu vertuschen. Dieser Vorwurf entbehrt schlicht jeglicher Grundlage.

Weiters heißt es: "Seine Entscheidungen beruhten stets auf sachlichen Überlegungen, nicht – wie ihm nunmehr vorgeworfen wird – auf der Bevorzugung "russischer Interessen" oder aufgrund von angeblich ungebührlichen Vorteilen oder gar Geldzuwendungen. Auch dieser Vorwurf ist daher schlicht falsch." (APA, red, 28.1.2021)