Schimpansen schließen sich riskanten Unternehmungen dann an, wenn ihre wichtigsten Bindungspartner mitmachen – ob Blutsverwandte oder Freunde.
Foto: Liran Samuni, Taï Chimpanzee Project

Schimpansen sind für ihre blutigen Revierkämpfe bekannt. Und es bleibt nicht immer bei einer kurzfristigen Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Gruppen – es kann daraus auch ein lange anhaltender Konflikt entstehen, der immer wieder aufflammt. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist der sogenannte Schimpansenkrieg von Gombe, den Primatenforscherin Jane Goodall in Tansania dokumentierte. Dieser Krieg erstreckte sich von 1974 bis 1978, die wechselseitigen Überfälle forderten eine Reihe von Todesopfern.

Aber was bringt einzelne Schimpansen dazu, sich einem Kriegszug anzuschließen? Forscher des Max-PIanck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und der Harvard University berichten im Fachjournal "Nature Communications", dass die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Gruppen eng mit den sozialen Beziehungen innerhalb der einzelnen Gruppen in Zusammenhang stehen.

Entwicklung über ein Vierteljahrhundert

Die Forscher des Taï-Schimpansenprojekts beobachteten drei Schimpansen-Gemeinschaften im Taï-Nationalpark in der Elfenbeinküste und dokumentierten unter anderem soziale Beziehungen, Reviergrenzen und Begegnungen zwischen benachbarten Gruppen. "Insgesamt analysierten wir fast 500 feindliche Auseinandersetzungen – vokale und physische – aus den letzten 25 Jahren, an denen wenigstens eine der drei habituierten Gemeinschaften beteiligt war, und die für einige Tiere schwere Verletzungen oder den Tod zur Folge hatten", sagt Liran Samuni, Erstautorin der Studie.

Die Studie zeigte, dass sowohl Männchen als auch Weibchen an den Kämpfen teilnehmen und dass drei Faktoren die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme erhöhten: wenn viele Individuen teilnahmen, wenn Verwandte der mütterlichen Linie sich beteiligten und wenn nicht verwandte soziale Bindungspartner anwesend waren. "Schimpansen berücksichtigen nicht nur, wie viele Gruppenmitglieder sich beteiligen, wenn sie in den Kampf ziehen, sondern wer sich beteiligt. Insbesondere, ob Gruppenmitglieder dabei sind, denen sie vertrauen und die sie im Falle eines Angriffs unterstützen", fügt Catherine Crockford, Seniorautorin der Studie, hinzu.

Zusammenhalten gegen gemeinsamen Feind

Max-Planck-Forscher Roman Wittig, Leiter des Taï-Schimpansenprojekts, sagt: "Wir konnten zeigen, dass Rivalität durch feindliche Gruppen sich negativ auf den Fortpflanzungserfolg der Schimpansen und die Größe ihres Reviers auswirkt. Auf der anderen Seite erhöht dieser Wettbewerb aber auch den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe und verringert, wahrscheinlich unterstützt durch das Neurohormon Oxytocin, die Wahrscheinlichkeit, im Kampf alleine gelassen zu werden."

Samuni: "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es auch beim Schimpansen eine Verbindung zwischen starken, dauerhaften sozialen Beziehungen und riskanten kollektiven Handlungen geben könnte. " Die Forscherin zieht hier eine klare Parallele zum Menschen. (red, 31. 1. 2021)