Die Kunden stehen bereit, aber Österreich fehlt der volle Zugang zum Weltmarkt.

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Wien – Trotz des andauenden Lockdowns und Problemen bei der Impfstofflieferung blickt die Industrie optimistisch auf das laufende Jahr. Volle Auftragsbücher geben Anlass zur Hoffnung, wie die Industriellenvereinigung (IV) am Donnerstag mitteilte. Österreichs Wirtschaft dürfte laut Prognose heuer um vier Prozent wachsen. Damit schraubte die IV ihre Dezemberprognose um einen Prozentpunkt herunter, liegt aber weiterhin über den Erwartungen der Wirtschaftsforschungsinstitute. Zuletzt rüttelte Wifo-Chef Christoph Badelt an der Prognose von 2,5 Prozent im Fall einer Verlängerung des Lockdowns.

Dabei geben sich auch die Industrievertreter keinen Illusionen über den schleppenden Rückgang der Infektionszahlen hin. So gründe sich die Prognose darauf, dass Lockdown-Maßnahmen spätestens ab April aufgehoben werden können, sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Darauf angesprochen, dass die Sieben-Tage-Inzidenz – derzeit rund 100 Neuinfektionen pro 100.000 Personen – seit Anfang Jänner kaum gesunken sei, meinte Neumayer: "Ich bin kein Virologe, das Ziel von 50 lasse ich einmal dahingestellt." Dafür betonte der Wirtschaftsvertreter, dass in den Betrieben mit den richtigen Sicherheitskonzepten das Risiko zu managen sei.

Schlüsselkräfte impfen

Neumayer sprach sich dafür aus, ab 8. Februar zumindest Teile des Handels wieder zu öffnen. Hierbei gehe es darum, die Menschen insgesamt bei den Corona-Maßnahmen mitzunehmen. "In vielen Teilen der Wirtschaft, auch in Kultur und Sport, weiß ich von vielen Unternehmen, dass sie dort angekommen sind, wo es de facto nicht mehr weitergeht – trotz vieler Hilfen, die in der Breite großzügig sind", sagt der Industrievertreter.

Sowohl beim Testen als auch beim Impfen plädiert die IV dafür, Betriebe einzubinden. Je niederschwelliger die Angebote vorhanden sind, desto mehr würden sie genützt, so das Argument. Außerdem plädierte Neumayer dafür, Schlüsselkräfte in der Exportindustrie rasch zu impfen, freilich nachdem die vulnerablen Gruppen immunisiert worden sind. "Wer rascher impft, hat einen Wettbewerbsvorteil", sagt Neumayer.

Exportschlager aus Österreich

IV-Chefökonom Christian Helmenstein fasste zusammen, warum Österreich heuer das "stärkste Wachstum seit 20 Jahren" haben dürfte: In der Corona-Zeit haben die Österreicher wesentlich mehr gespart. Sobald Geschäfte wieder offen haben und Urlaube wieder möglich sind, wird der Konsum rasant anspringen.

Auch die große Nachfrage auf den Weltmärkten nach heimischen Erzeugnissen stimme optimistisch. Immerhin musste die Industrie nicht nur mit unterbrochenen Lieferketten, sondern auch einem abgeschwächten Dollar ringen. Der Euro hat im Jahresvergleich relativ zur US-Währung rund zehn Prozent zugelegt – ein Wettbewerbsnachteil für hiesige Produzenten. Der Welthandel habe vor allem dank China und anderen asiatischen Ländern Corona hinter sich gelassen. Jetzt müsse Europa wieder den Anschluss finden.

Schließlich dürften sich der vollzogene Brexit und der Sieg Joe Bides bei der US-Präsidentschaftswahl positiv auf die Stimmung von Unternehmen auswirken, die unter der anhaltenden Unsicherheit gelitten hatten.

Das kräftige Plus für die heimische Wirtschaft würde weniger als die Hälfte der erlittenen Verluste wiedergutmachen: Der in Österreich entstandene ökonomische Schaden liege aktuell bei 32,5 Milliarden Euro. Das Niveau vor der Krise werde nicht vor dem zweiten Quartal 2022 erreicht, schätzt Helmenstein. (red, 28.1.2021)