Lange hat es gedauert, alles geregelt ist noch nicht: Trotz zahlreicher Klarstellungen lässt die Homeoffice-Einigung der Sozialpartner doch einige Fragen offen. Steuerberater Mazars etwa vermisst eine Regelung für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Es sei nicht klar, ob das erst in einen Gesetzestext zu gießende Werk auch für arbeitsvertragsfreie Dienstnehmer gilt. Man gehe davon aus, dass das in der Judikatur analog angewendet wird, heißt es dazu zumindest bei der Arbeiterkammer.

Offen ist für den Steuerberater auch, ob die bis zu 300 Euro an Kostenersatz, die der Arbeitgeber pro Dienstnehmer jährlich für Mehrkosten im Homeoffice zahle, nicht nur steuerfrei, sondern auch sozialversicherungsfrei seien. Das sehen Verhandlungsteilnehmer anders. Vereinbart sei dies, sagt die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien, Silvia Hruska-Frank. Sie verweist allerdings auf den Gesetzestext, der noch nicht vorliege. In der parlamentarischen Begutachtung werde man darauf mit Sicherheit genau achten.

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Homeoffice ist nicht immer Stress frei. Eindeutige Antworten auf manch wichtige Fragen stehen trotz der Sozialpartner-Einigung noch aus.
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Die erhoffte Vereinfachung in der Lohnabrechnung oder der Steuererklärung sieht Steuerberater Peter Wundsam von Mazars nicht. Er spielt damit auf die drei Euro an, die pro Tag Telearbeit an Aufwandsersatz zu zahlen sind, sofern sich Dienstnehmer mindestens hundert Tage im Jahr in Heimarbeit befinden. Wie die drei Euro der Sozialpartner zustande gekommen sind, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Anleihe könnte man bei der Rufbereitschaft genommen haben, die in einem Arbeitsrechtsverfahren auf Geheiß des Obersten Gerichtshofs zustande kamen.

Haftpflicht für Missgeschick

Nicht im Ministerratsvortrag enthalten ist übrigens die Haftpflicht für Missgeschicke, durch die Firmenlaptops oder Bildschirme beschädigt werden. Zivilrechtlich ist der von einem Angehörigen über den Laptop verschüttete Kaffee klar dem Dienstnehmer zuzuordnen, sagt Arbeitsrechtsprofessor Wolfgang Mazal von der Uni Wien. Derartige Vorfälle werden die Verhandler bei der Gesetzwerdung mit Sicherheit noch beschäftigen. Denn die Übernahme solcher Unglücke sei ganz klar ausgemacht, beharrt man aufseiten der Arbeitnehmerverhandler.

Arbeitsrechtler Mazal hält die Homeoffice-Einigung grundsätzlich für überschaubar weltbewegend: "Die Einigung hält das fest, was auf dem Boden geltenden Rechtes klar argumentierbar und vielfach längst umgesetzt ist, sagt Mazal im Gespräch mit dem STANDARD. Selbst die Freiwilligkeit sei im geltenden Recht zwingend vorgegeben.

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Homeoffice kann nur einvernehmlich vereinbart werden, Konflikte birgt vor allem der Kostenersatz, denn viele Unternehmen argumentieren, dass der Mehrverbrauch an Strom vernachlässigbar sei und das Internet einen Fixpreis koste, der auch ohne Dienstliches zu zahlen sei.
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Fraglich ist auch, ob die nun geplante dauerhafte Ausweitung der Unfallversicherung auf private Unfallursachen den gesetzlichen Auftrag der AUVA nicht übersteigt. Die entscheidende Frage bei Betriebsgefahren und -unfällen sei ja, ob der Vorfall mit der Beschäftigung zusammenhängt oder nicht. Das werde die AUVA weiterhin prüfen.

Das Problem der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten scheint durch die neue Regelung ebenfalls nicht garantiert. Zwar ist jetzt klargestellt, dass Homeoffice nur einvernehmlich vereinbart werden kann, Konflikte birgt vor allem der Kostenersatz, denn viele Unternehmen argumentieren, dass der Mehrverbrauch an Strom vernachlässigbar sei und das Internet einen Fixpreis koste, der auch ohne Dienstliches zu zahlen sei.

Differenzierte Handhabe

Die Betriebe handhaben das differenziert. So hat die Allianz-Versicherung für ihre 2.500 Mitarbeiter bereits seit dem Vorjahr eine Betriebsvereinbarung für Homeoffice. Möglich sind bis zu vier Homeoffice-Tage pro Woche, das Unternehmen stellt Hard- und Software bereit. Für Anschaffungen wie größere Bildschirme oder einen Bürostuhl gibt es einen einmaligen Zuschuss von 200 Euro, für laufende Internetkosten 15 Euro netto – und täglich 5,50 Euro in Form von Gutscheinen für Essenslieferanten, weil ja die Kantine geschlossen ist. Auch die AUA stellt digitale Arbeitsmittel zur Verfügung, einen zusätzlichen Kostenersatz gibt es aber nicht.

So weit ist der Energiekonzern Verbund AG noch nicht, da wird über eine Betriebsvereinbarung zum Thema Telearbeit verhandelt und die alte Regelung aus dem Jahr 2004 auf neue Beine gestellt. Hard- und Software, wie etwa Bildschirm, Lautsprecher, Headset und Handy, stellt das Unternehmen schon seit Jahren für die Mitarbeiter bereit.

Weitergehende Regelungen zu "New Work", also völlig neuen Arbeitsformen, vermisst Arbeitsrechtler Mazal. Dazu gehörte auch eine freie Einteilung der elf Stunden Mindestruhezeit. Aber das ist in Brüssel zu verhandeln. (Regina Bruckner, Luise Ungerboeck, 29.1.2021)