Paul Crutzen erklärt den chemischen Prozess des Ozonabbaus.
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Der niederländische Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen, einer der Mitentdecker des Ozonlochs, ist am Donnerstag im Alter von 87 Jahren gestorben. Wie der niederländische Sender NOS unter Berufung auf Crutzens Familie sowie das Max-Planck-Institut für Chemie berichtet, starb Crutzen in Deutschland im Beisein seiner Familie. Er hinterlässt seine Frau, zwei Töchter und drei Enkel.

Für seine Forschungen zum Abbau der Ozonschicht durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) war Crutzen 1995 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet worden. Er hatte frühzeitig erkannt, dass die als Treibgase, Kältemittel oder Lösemittel weltweit in hohem Ausmaß verwendeten Substanzen eine verheerende Auswirkung auf die Atmosphäre haben würden. Er teilte sich den Preis mit dem Mexikaner Mario Molina und dem Amerikaner Frank Sherwood Rowland. Molina starb im vergangenen Oktober, Rowland im Jahr 2012.

Werdegang

Crutzen wurde 1933 in Amsterdam geboren. In den 60er und 70er Jahren untersuchte er den Einfluss von Stickoxiden auf die Ozonschicht – und sagte mit Molina und Rowland voraus, dass diese Schicht durch vom Menschen entwickelte FCKW stark reduziert werden würde. Die Gefahr wurde von der Politik ernstgenommen, die Verwendung von FCKW wurde mit dem Montrealer Protokoll von 1987 verboten oder zumindest stark eingeschränkt.

Von 1980 bis 2000 leitete Crutzen als Direktor die Abteilung Atmosphärenchemie am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. Er veröffentlichte mehr als 360 wissenschaftliche Artikel und 15 Bücher. Er war einer der weltweit meistzitierten Wissenschafter, wurde vielfach geehrt und mit Preisen ausgezeichnet. Zudem war er Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Akademien wie der päpstlichen Akademie der Wissenschaften und Ehrenmitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Würdigung

Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Martin Stratmann, würdigte Crutzen als Pionier. "Er hat als Erster gezeigt, wie menschliche Aktivitäten die Ozonschicht schädigen. Dieses Wissen über die Ursachen des Ozonabbaus waren die Grundlage für das weltweite Verbot von ozonabbauenden Substanzen – ein bislang einmaliges Beispiel, wie nobelpreisgekrönte Grundlagenforschung unmittelbar in eine weltpolitische Entscheidung münden kann." Crutzen sei auch ein Vorreiter der Wissenschaften gewesen, die den Einfluss der menschlichen Zivilisation auf die Umwelt in den Blick genommen hätten.

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Crutzen bekannt, indem er im Jahr 2000 den Begriff des Anthropozäns prägte. Über die offizielle Einführung des Anthropozäns als aktuelles Erdzeitalter diskutieren Geologen bis heute. Im Interview mit dem STANDARD 2011 beschrieb Crutzen das Anthropozän als "jenes Erdzeitalter, in dem die Einwirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt eine Dimension erreicht haben, die mit natürlichen Einflüssen vergleichbar ist". (APA, red, 29. 1. 2021)