Hand Dichand, hier auf einem Foto aus dem Jahr 2006, starb 2010.

Foto: STANDARD/Christian Fischer

Den Namen Hans Dichand dem Vergessen zu entreißen, bemühten sich diese Woche Sohn Christoph Dichand in der bunten "Krone" und wieder einmal Armin Thurnher im "Falter". Vieles wurde entrissen, nur ein Geheimnis blieb ungelüftet: Wie hat es Hans Dichand mit Roten Rüben gehalten? Das Kochrezept für die Zubereitung dieses Gemüses war der einzige redaktionelle Beitrag in der Exhumierungsausgabe 100 Jahre Hans Dichand, in der der Name des posthumen Jubilars nicht vorkam. Wir werden also nie wissen, ob er die rundlichen Wurzeln lieber als Suppe oder Salat (mit Kren) genossen hätte.

Das ist schade, wärmte Thurnher doch nur alte Peinlichkeiten auf, um sie mit der leichten Übertreibung zu rechtfertigen: Dichand würde zu jedem Geburtstag eine Sonderausgabe verdienen, so sehr hat er das Land geprägt. Also so sehr auch wieder nicht. Seine Helden Haider, Grasser, Strache u. a. zählen nicht gerade zu den Erfolgstypen der Republik, und auch um Waldheims Nachruf steht es nicht zum Besten. Die haben sich selbst geprägt.

Prof. Dr. Gerti Senger

Mitarbeiter an der Jubiläumsarbeit konnten hingegen mit vielen bewegenden Äußerungen des Auferstandenen aufwarten, so etwa Prof. Dr. Gerti Senger in ihrer Kolumne Lust & Liebe mit dem Zitat: Hans Dichand sprach von der erotischen Macht des Geldes (und Goldes) als "biologischer Schlüsselreiz" und traf damit wie so oft den Nagel auf den Kopf.

Mit so viel Substanz konnte der Bundespräsident in seiner Würdigung nicht aufwarten. Dafür mit einer grausigen Vorstellung. Wäre Hans Dichand ein Millennial, also um die 2000er-Jahre herum geboren, er hätte wahrscheinlich so etwas wie ein österreichisches Facebook gegründet. Deutlich nüchterner und differenzierter Hannes Androsch, für den Dichand zu den bedeutendsten Zeitungsherausgebern gehörte, aber auch zu den umstrittensten. Dass er aber das Fleur de Sel aus der Normandie bevorzugte, konnte ich als Miteigentümer der Salinen-AG natürlich nur bedauern, war aber nicht alles, was ihn als Politiker mit Dichand in Verbindung gebracht hatte.

Vertrauen, das berührt

Auf Dichands besonderes Vertrauen konnte sich auch Kardinal Schönborn berufen. Im Sommer 2001 kam er mich besuchen und machte mir bei einem gemeinsamen Mittagessen einen Vorschlag, der mich völlig überraschte. Er bot mir an, jeden Sonntag in der "Kronen Zeitung" meine Gedanken zum Sonntagsevangelium zu äußern. Das war von ihm her ein mutiger Schritt, ein Wagnis. Gewissermaßen auf Teufel komm raus. Das Vertrauen von Hans Dichand hat mich berührt. Er traute mir das zu.

Und noch viele mehr priesen Dichands Genie. Als kleine Ungerechtigkeit mag man empfinden, dass ein gewisser Kurt Falk, der, aus der Waschmittelbranche kommend, mit seinen Vertriebsmethoden mindestens ebenso viel zum Erfolg der "Krone" beigetragen hat wie Dichands Gespür für die Lebenswelt seiner Leserinnen und Leser (Van der Bellen), aber nur spärlich bis abfällig gewürdigt wurde.

Es stank

So kommt Kurt Falk mit der Idee, eine von ihm billig erworbene Parfümerie als Hauptpreis in einem "Krone"-Gewinnspiel auszulosen. Und den Werbespruch "Sie können heute schon an Ihrer zukünftigen Parfümerie riechen!" will der ungestüme Kompagnon den Lesern realitätsnah vermitteln. Er lässt die gesamte Sonntagsauflage mit billigem Parfüm einstauben. Im Pressehaus stinkt es unerträglich. Die Setzer drohen mit Streik. Dichand vermittelt wieder einmal mit Erfolg in der Druckerei.

Da hat die berüchtigte Judenserie schon übleren Gestank verbreitet, doch was soll’s. Der gegenwärtig geschäftsführende Chefredakteur durfte offenbar in der bunten "Krone" nicht mitspielen, also leistete er seinen Tribut im vorderen Teil. Sonntage, noch mehr Doppelfeiertage, liebte Dichand besonders. Diese Sonn- und Feiertags-Ruhe durfte ich immer wieder stören. Es waren die schönsten Termine, wenn man sich frühmorgens aus der Steiermark und später aus Oberösterreich aufmachte, um Hans Dichand am legendären schwarzen Ledertisch, den auch sein Sohn und Nachfolger Christoph Dichand in Ehren hält, gegenüberzusitzen und sich auszutauschen. In jedem Gespräch lernte man unendlich viel: Über das Zeitungsmachen, den Umgang mit Mitarbeitern, mit Freunden, aber auch Feinden der "Krone". Man lernte vor allem eines: "Krone"-Geist. Heute ist es – mit Dr. Christoph Dichand an der Spitze – Aufgabe aller, die für und mit Hans Dichand gearbeitet haben, diesen Geist weiterzuleben und weiterzugeben.

Dichand hatte als Reaktionär Format. Na ja – typisch Thurnher. (Günter Traxler, 31.1.2021)