In Ungarn vertraut man unter anderem auf den Russischen Impfstoff Sputnik V.

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In Ungarn will Premier Viktor Orbán die wahrscheinlich temporären Lieferengpässe bei den in der EU zugelassenen Impfstoffen nicht hinnehmen. Deshalb bestellte das Land große Mengen von Vakzinen aus China und Russland, die keine EU-Zulassung haben. In den vergangenen zehn Tagen vereinbarte Budapest mit Peking die Lieferung von fünf Millionen Dosen des Vakzins Sinopharm, mit Moskau zwei Millionen Dosen von Sputnik V.

In Ungarn entscheidet Orbán jeden Schritt im Kampf gegen die Pandemie im Alleingang. Die größte Sorge des Rechtspopulisten ist, dass die von Corona-Maßnahmen geschädigte Wirtschaft bis zu den nächsten Parlamentswahlen im Frühjahr 2022 nicht rechtzeitig in Schwung kommt. Mit den Impfstoffen aus China und Russland, die über die nächsten vier Monate eintreffen sollen – so sich die Lieferanten an die Vereinbarungen halten –, könnten 3,5 Millionen Menschen immunisiert werden (es braucht jeweils zwei Dosen für den vollständigen Schutz). Bis Sonntag hatte Ungarn 278.830 Impfungen mit westlichen Vakzinen, vor allem des Herstellers Biontech-Pfizer, verabreicht, in 56.825 Fällen handelte es sich bereits um die zweite Dosis.

EU-Mitgliedsländer können eigenständig zeitlich befristete Notzulassungen erteilen. In Ungarn waren dafür bis vor kurzem die Arzneimittelbehörde OGyÉI und das Gesundheitsamt NNK zuständig. Bei der Überprüfung von Sputnik V hatten externe Gutachter der OGyÉI festgestellt, dass die Zusammensetzung der angelieferten Proben nicht zur Gänze mit jenen in der Dokumentation der klinischen Tests übereinstimmte, die der russische Hersteller eingereicht hatte. Die Behörde erteilte dennoch mit Bauchweh die Notzulassung.

Verfahren geändert

Von derartigen Dilemmas ist sie künftig entbunden. Denn mit einer Verordnung am letzten Donnerstag wurde der Ablauf der Zulassungsverfahren geändert: Künftig reicht es aus, wenn ein Impfstoff aus einem Nicht-EU-Land schon an eine Million Menschen verabreicht wurde und in mindestens drei Ländern, darunter einem EU-Kandidatenland, zum Einsatz gelangte. Das Vorliegen dieser Bedingungen stellt laut der Verordnung der Außenminister fest – derzeit der Orbán-treue Politiker Péter Szijjártó.

Die neue Regelung ist insofern auf Sinopharm und Sputnik V zugeschnitten, als dass diese Vakzine bereits im EU-Kandidatenland Serbien verabreicht werden. Die ungarische Ärztekammer warnte ausdrücklich davor, Impfstoffe zu verwenden, die nicht von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassen sind. Orbán wiederum zeigt sich unbeeindruckt. "Ich warte, dass ich mit dem chinesischen Vakzin geimpft werde, denn darauf vertraue ich", sagte er am Freitag. (Gregor Mayer aus Budapest, 31.1.2021)