Senioren, die ihre kleinen Pensionen mit der Sozialunterstützung aufstocken müssen, bekommen nun weniger Geld.

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Salzburg – Das Ausführungsgesetz für die neue Sozialunterstützung in Salzburg ist gerade einmal einen Monat in Kraft, schon sorgt es für heftige Kritik. Das Vertretungsnetz kritisiert, dass die neue Sozialhilfe armutsbetroffene Menschen mit Behinderungen und ihre Familien mit voller Wucht trifft, weil das Pflegegeld als Einkommen angerechnet wird. Die Armutskonferenz warnt davor, dass Pensionisten und Working Poor, die ihr Gehalt aufstocken, weniger Geld erhalten. Und Menschen, denen ein humanitäres Bleiberecht gewährt wurde, fallen komplett um alle Leistungen um.

Konkret trifft das in Salzburg etwa eine alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern. Sie war als Asylwerberin bis Ende des Jahres in der Grundversorgung. Seit ihr ein humanitäres Bleiberecht gewährt wurde, ist sie unversorgt. Das bestätigt auch das Büro des zuständigen Soziallandesrats Heinrich Schellhorn (Grüne). Die Frau sei mit dem humanitären Aufenthaltstitel keine Zielgruppe der Grundversorgung und erhalte auch keine Sozialunterstützung. Aufgrund der Situation im Lockdown wurde diesem Einzelfall zunächst die Grundversorgung bis zum 28. Februar verlängert.

Härtefalllösung vom Bund gefordert

Es ist nur eine Übergangslösung, mit der sich die Frau von Monat zu Monat hantelt. Auch in Niederösterreich verlieren Personen mit humanitärem Bleiberecht den Anspruch auf jegliche Sozialleistung des Landes – der STANDARD berichtete. In Oberösterreich wurde im Härtefall die Möglichkeit geschaffen, auf Landeskosten weiter Grundversorgung zu beziehen.

In Salzburg gibt es eine derartige Versorgungsmöglichkeit nicht, "weil die ÖVP dem nicht zugestimmt hat", heißt es aus Schellhorns Büro. Angestrebt wird eine bundesweit einheitliche Regelung. Die Soziallandesräte fordern in einem gemeinsamen Schreiben an den Bundesminister, eine Härtefallregelung einzubauen. Bis es so weit ist, wolle man den Regierungspartner für eine Salzburger Lösung gewinnen.

80 Euro pro Monat weniger für Pensionistin

Auch die 776 Pensionisten, die ihre zu geringe Pension mit Sozialunterstützung aufstocken müssen, bekommen weniger. Für die Pensionistin Frau Y. etwa bedeutet das neue Gesetz ein monatliches Minus von 80 Euro. In den Monaten der 13. und 14. Pensionsauszahlung erhält sie wie auch andere gar keine Leistung mehr, kritisiert Ines Grössenberger von der Arbeiterkammer Salzburg. Diese Regelung betrifft auch Beschäftigte, denn Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden seit Jänner voll auf die Leistungen angerechnet. Für Menschen, die seit weniger als fünf Jahren in Österreich leben, entfallen jegliche Ansprüche auf Unterstützung.

"Das soziale Netz wird mit der Sozialunterstützung noch löchriger, und mittlerweile rutschen sogar Familien und Kinder oder auch chronisch kranke Personen durch und bleiben unversorgt", fasst Torsten Bichler von der Caritas Salzburg die Lage zusammen.

Pflegegeld wird als Einkommen angerechnet

"Die meisten Länder werten mit den neuen Gesetzen das Pflegegeld als Einkommen der pflegenden Angehörigen. Das reduziert das Haushaltseinkommen dramatisch", spricht Norbert Krammer, Bereichsleiter der Erwachsenenvertretung beim Vertretungsnetz, ein weiteres Problem an. Während Niederösterreich und Kärnten den Spielraum bei den Ausführungsgesetzen nutzen, würden in Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg strengere Regeln gelten als im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vorgegeben. "Damit wird weder auf die finanzielle Bedürftigkeit noch auf die tatsächlichen Kosten der Pflege Bedacht genommen", betont Krammer.

Aus dem Büro des Salzburger Soziallandesrats heißt es, dass bereits in der Mindestsicherung ein Teil des Pflegegelds als Einkommen angerechnet wurde. Grundlage dafür sei auch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, weshalb eine entsprechende Änderung im Ausführungsgesetz nicht angedacht sei. "Unbestritten ist, dass die Leistungen für pflegende Angehörige verbessert werden müssen", sagt Schellhorn. Ausgebaut werde etwa bei der pensionsrechtlichen Absicherung, einer Erhöhung des Pflegegelds und anderen Entlastungsangeboten. (Stefanie Ruep, 1.2.2021)