2,01 Meter hoch und rund 136 Kilogramm schwer ist Thomas Schaffer. Damit hat der Defensive End das Potenzial, zum Schrecken der Quarterbacks zu werden.

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In meinem Leben", sagt Thomas Schaffer, "gab es immer wieder Leute, die mir meinen Traum ausreden wollten. Aber ich lebe Football mit jeder Faser meines Körpers. Und ich will in die NFL." Bei Schaffer sind es viele Fasern, der 24-jährige Wiener ist 2,01 Meter groß und wiegt an die 136 Kilogramm, "je nachdem, wie viel ich gegessen habe". Nach fünf Jahren im College-Team an der Universität von Stanford meldete er sich für den Draft der National Football League (NFL) an. Nach Schaffers Dafürhalten stehen die Chancen nicht schlecht, dass er als erster Österreicher auch ausgewählt wird. "Mein Coach meint, dass ich ready bin, die Scouts haben genug Filmmaterial von mir, ich war diese Saison immer in der Startformation. Es ist die richtige Entscheidung", sagt Schaffer dem STANDARD.

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Schaffer (91) bei der Arbeit.
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Am 18. März steht der "Pro Day" auf dem Programm, an dem sich die Topspieler in Stanford den interessierten Teams präsentieren können, der NFL-Draft wird als Show Ende April in Cleveland gegeben. Falls Schaffer nicht in einer der sieben Runden zu je 32 Spielern ausgewählt wird, hat er immer noch gute Chancen auf ein Trainingscamp bei einem NFL-Klub.

Schaffer spielt in der Verteidigung auf der Position des Defensive End, ist stark und explosiv. Sein Job ist es, das gegnerische Laufspiel durch die Mitte zu unterbinden und Jagd auf den Quarterback zu machen. Seine Statistiken in einer wegen Corona verkürzten College-Saison sind eine gute Visitenkarte. In nur sechs Partien kam er auf 20 Tackles und fünf Sacks. In letzter Kategorie brachte niemand an der Top-Uni aus Kalifornien den gegnerischen Quarterback öfter zu Fall.

Anonymer Hüne

Für den Tag X hat Schaffer viel investiert. 2013 übersiedelte er vom Nachwuchs der Mödling Rangers in die USA, nach vier Jahren und starken Leistungen auf einer Highschool in Illinois konnte er sich sein College quasi aussuchen. Auf dem Campus in Stanford wird der Hüne nicht immer erkannt. "Sport interessiert die Studenten hier weniger als die Uni. Für mich ist das angenehm." Seit seiner Zeit auf der Highschool hat Schaffer noch einmal 20 Kilogramm draufgepackt. Seine Tage in Stanford beschreibt er so: "Eat, breathe, sleep Football." In der Früh gibt es nicht nur Physiotherapie, sondern auch viele Eier und Haferbrei. Danach geht es zum Vormittagstraining aufs Feld, während der Saison wird viermal pro Woche mit Vollkontakt trainiert. Nach dem Mittagessen werden in der Kraftkammer Gewichte geschupft, einmal die Woche wird nur für die Uni gelernt. Schaffer hat mittlerweile zwei Bachelor-Abschlüsse. "Ich habe ein zweites Standbein."

Preis des Traums

Seit dem Ende der College-Saison bereitet sich Schaffer mit Privat-Coaches auf sein großes Ziel vor, finanziert von einem Agenten, dem dafür drei Prozent eines späteren NFL-Gehalts zugesichert sind. Seine Familie sieht Schaffer höchstens drei Wochen im Jahr. "Das ist der Preis, den ich jetzt dafür zahlen muss, dass ich meinem Traum näherkomme."

20 Tackles, fünf Sacks in nur sechs Spielen: Schaffer hat in seiner letzten Saison bei Stanford aufgezeigt.
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Im Football kracht es mitunter ordentlich. Ob sich seine Eltern wegen Gehirnerschütterungen oder schwerer Verletzungen Sorgen machen? "Natürlich. Aber ich hatte bisher Glück, war bis auf einen Leistenbruch noch nie verletzt. Mein Helm ist technologisch auf dem neuesten Stand. Sie haben meinen Kopf gescannt und mir eine Spezialanfertigung gemacht. Der Helm kostet mehr als 2000 Euro, den kannst du nicht im Geschäft ums Eck kaufen. Früher hat die NFL Kopfverletzungen nicht ernst genommen, mittlerweile werden Spieler mit Gehirnerschütterungen konsequent aus dem Spiel genommen."

Für den Super Bowl am Sonntag tippt Schaffer übrigens auf die Kansas City Chiefs als Sieger über die Tampa Bay Buccaneers. "Ihre Offensive ist einfach zu gut, auch wenn sie zuletzt oft schwach starteten. Ich weiß nicht, was da in der Halbzeit in der Kabine besprochen wird, aber es funktioniert immer."

No Way Out

Schaffer wäre jedenfalls der erste Österreicher, der das Eierlaberl nicht nur kickt. Die beiden Tonis, die ehemaligen Fußball-Teamspieler Toni Fritsch und Toni Linhart, waren als Kicker in den 70er-Jahren bei diversen NFL-Teams engagiert. Eine Karrierealternative will sich Schaffer nicht ausmalen: "Wenn man sich einen Notausgang aufmacht, hat man schon verloren." (Florian Vetter, 4.2.2021)