Hartwig Löger (ÖVP) ist mittlerweile im Konzernvorstand der Vienna Insurance Group tätig.

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Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ist zum Verdächtigen in einem weiteren Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geworden. Darin geht es um Spenden des Privatklinikenbetreibers Premiqamed an die ÖVP. Diese Zuwendungen soll Löger als Vorstandsvorsitzender der Uniqa Österreich Versicherungen AG und Aufsichtsratsvorsitzender der Tochterfirma Premiqamed "ermutigt" haben. Das Unternehmen überwies in den Jahren 2017 und 2018 je 25.000 Euro an die ÖVP.

Die erste Spende wurde laut WKStA erst nach dem Wahlkampf 2017 überwiesen, und zwar im Dezember, als "das Regierungsprogramm fixiert wurde". Am 17. Dezember wechselte Löger von der Uniqa in die türkis-blaue Regierung, wo er Finanzminister wurde. Die zweite Spende folgte im Juni 2018, als laut WKStA ein Gesetzesentwurf zur Erhöhung des Privatklinikenfonds (Prikraf) "in den Ministerrat eingebracht worden war". Von diesem Gesetz hat die Premiqamed deutlich profitiert.

Premiqamed-Manager Julian H. bedankte sich dann im Dezember 2018 per Whatsapp-Nachricht "im Namen aller Prikraf-Privatspitäler" bei Löger: "Lieber Hartwig, herzlichen Dank für deine so wichtige Unterstützung bei der Aufstockung des Prikraf (...) Dein Beitrag hat geholfen, dass unsere Privatspitäler auch weiterhin Leistungen auf Top Niveau erbringen können." H. ist nicht nur Premiqamed-Geschäftsführer, sondern in der Wirtschaftskammer auch Branchenobmann und somit für den Prikraf mitzuständig.

Widersprüche

Die WKStA verdächtigt H. und zwei weitere Premiqamed-Manager nun, den Tatbestand der Untreue begangen zu haben. Löger wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen – für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Die Ermittler sehen Widersprüche zwischen den Aussagen von H. und Löger: So sagte der einstige Finanzminister vor dem U-Ausschuss, er habe "am Rande einer Aufsichtsratssitzung der Premiqamed" durch H.von der Spende erfahren. H. sagte hingegen in seiner Zeugenaussage, "dass die 'Idee' zur Leistung der Spende an die ÖVP von Hartwig Löger und ihm (H. Anm.) ausgegangen" sei. Da Löger als Vorstandsvorsitzender der Uniqa Österreich Versicherungen AG und Aufsichtsratsvorsitzender der Premiqamed hierarchisch über H. stand, denkt die WKStA, dass solch eine "Idee" dann "als Weisung zu verstehen war".

WKStA vermutet Compliance-Verstöße

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutet weiters Verstöße gegen die Compliance-Richtlinien der Uniqa. So sagte H. aus, dass die Spende schriftlich der Group Compliance der Uniqa und Löger "mitgeteilt" worden sei. Laut Code of Conduct der Uniqa wäre aber eine "Genehmigung" notwendig gewesen. Außerdem argumentiert die WKStA, dass die Spende "nicht sachgerecht ist, weil keine sachlichen Motive für die Leistung der Spende erkennbar sind". Grund für die Spende seien vielmehr "die persönlichen Vorlieben der Entscheidungsträger" gewesen. Der Eindruck eines "Quid pro quo" schade dem Ansehen des Unternehmens. Die mutmaßliche Unsachlichkeit der Spende stützt die WKStA auf eine Aussage von Andreas Brandstetter, Lögers Nachfolger als CEO der Uniqa Österreich Versicherungen AG und Chef der Uniqa Insurance Group AG, vor dem U-Ausschuss. Dort meinte dieser, man überlege im Konzern, "Parteispenden und Sponsoring künftig nicht mehr zuzulassen".

Lögers Anwalt Werner Suppan weist die Vorwürfe zurück: Sein Mandant habe, als er von der geplanten Spende informiert wurde, strikt auf die Einhaltung der Compliance-Regeln hingewiesen. Die Erhöhung der Prikraf-Mittel sei im Regierungsprogramm ausverhandelt worden, an dessen Entstehung Löger nicht beteiligt war – denn er sei erstmals am 14. Dezember 2017 damit konfrontiert worden, Minister zu werden.

"Zusammengefasst ist daher jeder Zusammenhang zwischen dieser Spende und der Bestellung meines Mandanten zum Finanzminister oder seiner Beteiligung an der Umsetzung des Regierungsprogramms vollkommen ausgeschlossen", sagt Suppan zum STANDARD.

Auch die Premiqamed weist die Vorwürfe zurück: "Die gesetzeskonforme Spende wurde transparent und gemäß den geltenden Vertretungsregeln abgewickelt." Es gebe keinen Zusammenhang mit Lögers Bestellung zum Finanzminister oder der Erhöhung des Prikraf.

Anzumerken ist, dass Löger, H. und weitere Premiqamed-Manager in diesem Verfahren als Verdächtige geführt werden, nicht als Beschuldigte. Die Ermittlungen befinden sich also noch in einem frühen Stadium, in dem ein Anfangsverdacht geprüft wird.

Straches Krux mit der Privatklinik

Löger ist nicht das erste Regierungsmitglied der türkis-blauen Koalition, das durch den Prikraf in juristische Schwierigkeiten geraten könnte. Hierzu laufen auch Ermittlungen gegen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (damals FPÖ) und den Privatklinikenbetreiber Walter Grubmüller. Letzterer wollte seit Jahren, dass seine Klinik in den Prikraf aufgenommen wird. Der hat eine fixe Anzahl an Mitgliedern. Sein "Gegner" war Julian H. der nicht nur Manager der Premiqamed, sondern auch Branchenobmann in der Wirtschaftskammer ist. Als solcher legte er fest, dass keine weiteren Mitglieder in den Prikraf aufgenommen werden, solange dieser nicht mehr Geld erhält. Deshalb warb Strache intensiv für eine Erhöhung des Prikraf. Er setzte sich durch, Grubmüller wurde aufgenommen – und auch die Premiqamed verdiente mehr.

Die FPÖ will nun eine Sachverhaltsdarstellung gegen Löger einbringen, sie wirft ihm Falschaussage vor dem U-Ausschuss vor. (Fabian Schmid, 2.2.2021)