Die Nächtigungen sind in der Wintersaison infolge des Lockdowns dramatisch eingebrochen. Der Ausblick auf den Sommer ist besser, aber ebenfalls verhalten.

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Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen haben zu einem beispiellosen Einbruch im österreichischen Tourismus geführt. Wegen Lockdown-bedingt geschlossener Hotels, Apartments und Ferienwohnungen ist, grob geschätzt, jede achte Nächtigung verlorengegangen. De facto liegt Österreich, was die Nächtigungen im Winterhalbjahr betrifft, wieder dort, wo man Ende der 1950er schon einmal stand.

In der aktuellen Tourismusanalyse des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), die dem STANDARD vorliegt, bleibt auch der Ausblick auf den Sommer verhalten. Trotz erwarteter Besserung aufgrund der Corona-Impfung werde das Nächtigungsniveau 2021 "nur knapp jenes des Vorjahres erreichen", schreibt der Tourismusexperte des Wifo, Oliver Fritz. Dabei war das Jahr 2020 durch den ersten Lockdown Mitte März und die Folge-Lockdowns im Spätherbst bereits stark geprägt. Doch der Reihe nach.

Lockdown mit Folgen

Der Start in die Wintersaison 2020/21 wurde im November durch den zweiten Lockdown überschattet. Die Ankünfte brachen um 90 Prozent ein, die Nächtigungen um fast 80 Prozent. Der zweite Lockdown ging fast nahtlos in den dritten Lockdown über mit der Folge, dass touristische Aktivitäten mit Ausnahme notwendiger dienstlicher Reisen sowie Kuraufenthalte auch im Dezember praktisch unmöglich waren.

Insgesamt wurden in der Wintervorsaison knapp 376.000 Gäste in österreichischen Beherbergungsbetrieben gezählt. Das waren um 93,6 Prozent weniger als im Zeitraum November bis Dezember 2019. Die Zahl der Nächtigungen brach im selben Zeitraum um 89,4 Prozent auf insgesamt 1,86 Millionen ein.

Das zeigt sich auch bei den touristischen Einnahmen. Diese dürften nach ersten Schätzungen des Wifo um rund 90 Prozent eingebrochen sein. Zahlungen der öffentlichen Hand im Rahmen der Covid-19-Hilfen seien darin nicht berücksichtigt, heißt es in der Analyse.

Was die Erwartung für die volle Wintersaison betrifft, die am 30. April endet, scheinen sich die düstersten Prognosen selbst zu überholen. Während das Wifo noch im Spätherbst von 60 bis 75 Prozent weniger Nächtigungen ausging – verglichen mit dem letzten regulären Winter 2018/19 – erwartet Wifo-Forscher Fritz nun ein Minus von 86 Prozent, verglichen mit 2018/19.

"Wintersaison im Prinzip schon zu Ende"

"Wir haben im Dezember nicht geahnt, dass der Lockdown so weit verlängert wird, dass auch kein Inlandstourismus möglich sein würde", sagte Fritz dem STANDARD. "Es hätte zweifellos für eine gewisse Erleichterung in der Tourismusindustrie gesorgt, wenn Leute im Februar während der Semesterferien Skifahren hätten gehen können. Das ist jetzt nicht der Fall und somit ist die Wintersaison zumindest dort, wo es ums Skifahren geht, im Prinzip auch schon beendet."

Die für das Winterhalbjahr 2020/21 prognostizierten Nächtigungen von insgesamt 10,2 Millionen entsprechen übrigens dem Niveau, auf dem sich Österreich Ende der 1950er-Jahre befand. Laut Zahlen der Statistik Austria wurde letztmals im Winterhalbjahr 1959/60 mit 9,8 Millionen ein ähnlich niedriger Nächtigungswert verzeichnet. Die Nächtigungskurve zeigte in den Folgejahren mehr oder weniger stetig nach oben und erreichte im vorletzten Winter mit 72,9 Millionen eine vorläufige Spitze.

Reisebeschränkungen

Das Wifo geht in den Annahmen davon aus, dass ausländische Gäste aufgrund von Reisebeschränkungen auch im März großteils ausfallen werden und mit hoher Wahrscheinlichkeit erst nach Ostern (4. April) wieder buchen können. Frühestens 2022 sei mit einer in- wie ausländischen Nachfrage zu rechnen, die annähernd das Vorkrisenniveau erreicht, schreibt das Wifo. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass eine Normalisierung im stark von Fernmärkten und Flugverbindungen abhängigen Städtetourismus wohl erst 2023 stattfinden kann. (Günther Strobl, 3.2.2021)