Wien – In einem Nebenstrang der Causa Bierwirt gegen Maurer hat die grüne Klubchefin nun einen Etappensieg erreicht: Das Bezirksgericht Josefstadt wies die Unterlassungsklage des Lokalbetreibers ab, dass Sigrid Maurer, die Ende Mai 2018 von seinem Geschäftsaccount äußerst obszöne Privatnachrichten erhalten hat, den Mann nicht (mehr) als "Arschloch" bezeichnen dürfe. Bekanntlich bestreitet der Bierwirt bis heute, die Botschaften von einst abgesetzt zu haben, Gäste hätten Zugang zu seinem PC im Lokal gehabt.

Hofft nun auch auf ein Ende des gesamten Bierwirt-Verfahrens samt Freispruch: Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer.
Foto: Matthias Cremer

Ebenfalls pikant: Das Bezirksgericht Josefstadt, konkret Richterin Karin Doritsch, kam in der 25-seitigen Entscheidungsbegründung, die dem STANDARD vorliegt, zu dem Schluss, dass die obszönen Nachrichten von Maurers Kläger stammen: "Das Gericht glaubt dem Kläger nicht, dass er nicht der Absender dieser Nachrichten war, wie er (...) aussagte", ist da zu lesen. In Anbetracht der "verbalen Vergewaltigung" der Beklagten durch den Kläger sei die Bezeichnung als "Arschloch" daher kein unzulässiger Wertungsexzess. Nach Erhalt der Nachrichten sei die Beklagte wütend, entrüstet und entsetzt gewesen, heißt es außerdem. Ihre Äußerung sei daher im Sinn der Meinungsfreiheit nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention gerechtfertigt.

Wortwörtlich heißt es auch: "Angesichts der Perversität der Äußerungen des Klägers ist die auch zwei Tage danach noch bestehende Entrüstung der Beklagten legitim und die unglücklich gewählte Bezeichnung des Klägers als 'Arschloch' gerechtfertigt." Unter Berücksichtigung seiner eigenen Äußerungen erscheine die weitere Klagsführung als "rechtsmissbräuchlich".

Nicht für die Öffentlichkeit bestimmt

Die Beschimpfung mit dem A-Wort sei außerdem in einem privaten Messenger-Chat erfolgt, der nicht geeignet gewesen sei, den Kläger in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen. Hintergrund: Maurer hatte den Bierwirt gegenüber einem Dritten als "Arschloch" tituliert, konkret hatte sie an den Vorbesitzer des Bierladens am 31. Mai 2018 geschrieben, dass sie körperliche Drohungen "nicht einmal dem Arschloch" wünsche. Die Beklagte habe nicht damit rechnen können, dass der Schriftverkehr mit einem Freund des Klägers einmal der Öffentlichkeit zugänglich werden könnte, so die Urteilsbegründung des Bezirksgerichts.

Maurer selbst freut sich darüber, dass das Bezirksgericht ihren Ankläger in die Verantwortung nimmt – und wünscht sich jetzt, "dass auch das Bierwirt-Verfahren endlich ein Ende findet und ich freigesprochen werde".

Beachtliche Entscheidung

Das Fazit des Bezirksgerichts lautet im Detail: "Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es zu unterlassen, die klagende Partei als 'Arschloch' zu bezeichnen, wird abgewiesen." Daher habe "die klagende Partei der beklagten Partei die mit € 2.425,03 (darin enthalten € 403,37 USt und € 480,00 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der Beklagtenvertreterin zu ersetzen".

Maurers Anwältin Maria Windhager sagt zum STANDARD: "Das ist eine wirklich beachtliche und richtungsweisende Entscheidung in der Causa."

Denn am 17. Februar soll am Wiener Straflandesgericht die Neuauflage der Causa Bierwirt gegen Maurer wegen übler Nachrede und Co weiterverhandelt werden – weil die Grüne auch einst die Identität des Ladenbetreibers, von dessen Account sie die obszönen Botschaften erhielt, via soziale Netzwerke preisgegeben hat.

Reinhard Hinger, Sprecher des Oberlandesgerichts Wien, das im Frühjahr 2019 das Ersturteil in dem Verfahren aufgehoben hat, erklärt auf Anfrage zu dem Spruch des Bezirksgerichts Josefstadt vom 29. Jänner 2021: "Das Bezirksgericht hat die Wiederholungsgefahr verneint." Denn es sei nicht davon auszugehen, dass Maurer den Kläger noch einmal mit dem inkriminierten Wort bezeichnen wird. Nachsatz: "Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, es gibt eine Berufungsfrist von vier Wochen." (Nina Weißensteiner, 4.2.2021)