Besonders betroffen sind aufgrund der Lockdown-Bestimmung die 7.876 Lehrlinge in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft sowie im Dienstleistungsbereich.
Foto: APA/AFP/INA FASSBENDER

"Es ist schlimm genug, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich ein Rekordniveau erreicht hat, die Lehrlingszahlen zurückgehen und die Lehrstellenlücke wächst", sagt Susanne Hofer, Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend. "Seit mittlerweile elf Monaten warten wir außerdem auf einen Plan der Regierung, der eine qualitativ hochwertige Lehrausbildung garantiert und Lehrstellen schafft", betont Hofer.

Die Aufstockung der finanziellen Mittel für die überbetriebliche Lehrausbildung und der Lehrlingsbonus für Betriebe seien laut der Interessenvertretung nicht ausreichend, um jene Zielvorhaben zu erfüllen. "Aktuell gibt es Lehrlinge, die aufgrund des Lockdowns seit mehr als drei Monaten nicht ausgebildet werden können. Und Distance-Learning funktioniert für praktischen Unterricht per se nicht", sagt Hofer. Grundsätzlich würde dies auf alle Lehrlinge zutreffen, die aktuell Berufsschulunterricht hätten oder in Kurzarbeit sind.

Besonders betroffen sind aufgrund der Lockdown-Bestimmung die 7.876 Lehrlinge in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft sowie im Dienstleistungsbereich, deren Betriebe vorübergehend geschlossen waren oder nach den Lockerungen nächste Woche immer noch sind. Ebenso wie viele Auszubildende im Einzelhandel, der ebenfalls seit dem Lockdown geschlossen hatte. Insgesamt gibt es im Handel rund 15.000 Lehrlinge, wobei all jene im Lebensmittelhandel oder in Drogerien ausgenommen sind.

Fehlende Infrastruktur

Neben den Ausbildungslücken kritisieren die Jugendvertreter, dass Berufsschülerinnen und Berufsschüler auch bei den Sicherheitsmaßnahmen der Regierung in der zweiten Reihe stünden. "Es wurden alle Schulen mit Testkits beliefert – Berufsschulen bekamen die Ausrüstung rund zwei Wochen später, wobei laut unseren Informationen noch immer nicht alle Berufsschulen beliefert wurden", sagt die Gewerkschafterin.

Eine ähnliche Situation ereignete sich laut Hofer bereits zu Beginn der Lockdowns, als es um die technische Ausstattung mit Laptops und Tablets im Homeschooling ging. Auch hier sei Unterstützung seitens der Regierung zu spät oder gar nicht gekommen. "Wir wissen aber, dass viele Lehrlinge einfach keine Laptops besitzen und auch kein Gerät im Haushalt vorhanden ist, genauso wenig wie ein eigener Raum zum Lernen."

Die Österreichische Gewerkschaftsjugend fordert deshalb, dass Lehrlinge so schnell wie möglich wieder zurück in die Betriebe und die Berufsschulen müssten, um einen reibungslosen Ablauf bei der Ausbildung und vor allem bei den Lehrabschlüssen garantieren zu können. "Auch Lehrlinge haben ein Recht auf Ausbildung und dürfen nicht zu einem Corona-Jahrgang werden, der dann am Arbeitsmarkt vielleicht schlechtere Chancen hat", warnt Hofer. (Anika Dang, 4.2.2021)