Häupl und Konrad bei der Kundgebung "Kinderabschiebungen stoppen" vor dem Innenministerium.

Foto: Christian Fischer

Wien – Den "Balkon-Muppet" mache er sicher nicht, ließ Wiens Altbürgermeister Michael Häupl (SPÖ) nach seinem Abtritt wissen. Zu Wort meldet er sich dennoch hin und wieder – doch nur zu ausgewählten Themen. Eines davon ist die kürzlich erfolgte Abschiebung von Minderjährigen nach Georgien und Armenien. Sie alle galten als gut integriert, ihre Asylanträge scheiterten jedoch.

Erinnerung an Arigona

Eine Woche nach der Abschiebung sprach Häupl nun vor dem Innenministerium von einem Déjà-vu-Erlebnis. Auch im Fall von Arigona Zogaj, einem damals jungen Mädchen aus Oberösterreich, das vor 14 Jahren in den Kosovo abgeschoben werden sollen hätte, sei man auf der Straße gestanden, sagte Häupl. Damals sei als Antwort auf die Proteste den Bürgermeistern und Landeshauptleuten die Mitsprache entzogen worden. Nun bräuchten sie wieder Mitspracherecht. "Lassen Sie uns helfen!", rief Häupl in Richtung des Innenministers – auch mit Blick auf Flüchtlingslager am Rande der EU, in denen Kinder unter erbärmlichsten Bedingungen hausen müssen.

Bei der Kundgebung am Mittwoch versammelten sich etwa zwei Dutzend Menschen, auch Schüler- und Schülerinnenvertreter waren anwesend. Die Klassensprecherin aus einer Bildungseinrichtung in Wien-Favoriten, die eines der abgeschobenen Mädchen besucht hatte, sprach von Glück, dass die aktuellen Fälle Aufmerksamkeit bekommen hätten – derartige Schicksale gebe es ständig, sagte sie.

"Humanitas ist kein Schuhgeschäft"

Dass die Kinder mit ihren Eltern des Nächtens von Spezialeinheiten zum Flug gebracht wurden, sorgte ebenfalls für Zorn: "Dem friedlichen Widerstand wird mit Gewalt geantwortet", meinte Tanja Wehsely von der Volkshilfe, die das Kindeswohl mit Füßen getreten sah. Eine freiwillige Ausreise hatten die Familien allerdings jeweils abgelehnt.

Die allgemeine Stoßrichtung bei der Kundgebung ging aber in die Richtung, dass die Gesetze adaptiert werden müssten. Denn in den vergangenen Jahren seien scheibchenweise alle Möglichkeiten, mit Augenmaß vorzugehen, ausgeräumt worden, wie Ilkim Erdost von den Wiener Jugendzentren betonte. Der ehemalige Flüchtlingskoordinator Christian Konrad findet es auch mit Blick auf die Lehrlingsdebatte "dumm und unwirtschaftlich", arbeitswillige und gut integrierte Menschen abzuschieben.

Schauspieler Cornelius Obonya meinte, eine gute Regierung ändere Gesetze zugunsten der Menschlichkeit: "Humanitas ist kein Schuhgeschäft." Für Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger ist Humanismus ein nicht verhandelbarer Grundwert. Auch die Flüchtlingssituation in Griechenland ansprechend meinte der SP-Landtagsmandatar Christian Oxonitsch (SPÖ) von den Kinderfreunden, die Situation sei eine Schande. Wohl und Rechte der Kinder hätten immer im Mittelpunkt zu stehen. (red, APA, 3.2.2021)