Hilfe für daheim: Stadt Wien und AKH schicken Therapieteams zu den jungen Patientinnen und Patienten.

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In Wien können ab März Kinder und Jugendliche mit intensivem psychiatrischem Therapiebedarf statt eines stationären Aufenthalts auch daheim betreut werden. Die Psychosozialen Dienste und die Medizinische Universität Wien bieten im Zeitraum von zwei Jahren für 50 Betroffene mit stabilem Umfeld ein sogenanntes Home-Treatment an. Ziel sei es, einen therapeutischen Rahmen anzubieten, "der einer stationären Behandlung gleicht", sagte Paul Plener, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Wiener AKH, am Donnerstag bei einem Pressegespräch.

Gemischte Teams

"Dieses Home-Treatment ist quasi eine sehr intensive Behandlung zu Hause, nicht ein einzelner Hausbesuch", betonte Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste Wien. Je nach Bedarf sollen Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Pfleger oder auch Ergotherapeuten zum Einsatz kommen. Ein Vorteil des Projekts: Kinder und Jugendliche, bei denen die Ursachen ihrer Erkrankung nicht im sozialen Umfeld daheim liegt, werden damit nicht aus ihrem sozialen Gefüge gerissen.

Das Projekt sei auch der Versuch, Kinder aufzusuchen, die den Weg in die Psychiatrie nicht schaffen oder verweigern, sagte Patrick Frottier, Ärztlicher Leiter des Extended Soulspace, des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Ambulatoriums mit Tagesklinik im Krankenhaus Hietzing. Die Home-Treatment-Teams könnten dann rasch und niederschwellig helfen, erläuterte Projektkoordinatorin Sidonie Seywald. Wie häufig dann eine Behandlung zu Hause notwendig ist, hänge vom Krankheitsbild ab. Mögliche Betroffene können die Psychosozialen Dienste kontaktieren, sagte deren Chefarzt Georg Psota. Dann werde abgeklärt, "welche Maßnahme die beste ist".

Betreuung unabhängig vom Spitalsbett

Das Home-Treatment-Projekt sei schon länger im Voraus geplant und nicht auf die Coronavirus-Pandemie ausgerichtet worden, erklärte Mitinitiator Plener. Jetzt, wo es zu einem enormen Andrang auf die Hilfsangebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie des AKH komme, "passt es aber relativ gut", erläuterte der Mediziner, weil dadurch eine Betreuung unabhängig von einem Spitalsbett möglich ist. Da habe es am AKH im Jänner eine Dynamik gegeben, die durch den Lockdown beeinflusst wurde.

In Wien gibt es jährlich rund 550 stationäre Aufnahmen von unter 18-Jährigen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, berichtete Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt. Die Verweildauer beträgt im Schnitt 30 Tage. Finanziert wird das Projekt von der Landeszielsteuerung der Stadt Wien. Lochner richtete aber auch einen Appell an die Gesundheitskasse, sich zu beteiligen, "um eine dauerhafte Behandlung sicherzustellen". Die Med-Uni wird die Effektivität des Home-Treatments mit einer Begleitforschung evaluieren. (APA, riss, 4.2.2021)