Die beiden Widersacher Mario und Bowser treffen erneut aufeinander.

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Mittlerweile müsste Nintendo durch sein mit Switch-Neuauflagen alter Wii-U-Games. Smarte Taktik eigentlich, großartige Spiele sind zu Zeiten der Flop-Konsole untergegangen und bekommen mit der Switch die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Nach Mario Kart 8 Deluxe und New Super Mario Bros. U Deluxe gibt es nun also Super Mario 3D World auf der Handheld-Konsole – ohne "Deluxe", dafür mit dem Add-on Bowser's Fury im Gepäck.

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Kratzattacke

2013 veröffentlicht, gehörte Super Mario 3D World damals schon zur Jump-'n'-Run-Exzellenz. Es kombiniert das 2D-Scrolling alter Mario-Klassiker mit der Möglichkeit der neueren Klempner-Abenteuer, sich im Level frei zu bewegen. Ziel ist es, bis zum Ende der Welt zu gelangen und nach Möglichkeit drei grüne Sterne zu sammeln, die weitere Levels freischalten. Die Welten sind zwar in den traditionellen Motiven wie Gras, Lava und Wasser gehalten, wirken aber offener, abwechslungsreicher und inspirierter bei den thematischen Vorgaben. Und ja, die Wasserwelten sind nach wie vor nervig.

Als Spielfiguren kommen nicht nur die Brüder Mario und Luigi zum Einsatz, auch Peach und Toad dürfen auf Gumbas stampfen und Rohre durchputzen. Dabei hat jede Figur so ihre Stärken und Schwächen: Peach kann schweben, ist aber langsam, Toad springt nicht so hoch, läuft dafür schnell, Luigi hüpft am höchsten, rutscht aber, und Mario ist der Durchschnitts-Dude schlechthin und kann alles gleichermaßen gut. Dass das Spiel in den 2010er-Jahren erschienen ist, zu einer Zeit, in der das Internet regelrecht besessen von Katzen war, zeigt sich am zentralen Item, der Superglocke. Damit verwandeln sich Mario und Co in Katzen und können Gegner mit Kratzattacke ausschalten und Wände hinaufklettern. Und ja, Bowser muss im Lauf von Super Mario 3D World auch bekämpft werden, aber das haben Sie sich eh schon gedacht, oder?

Bis zu vier Spieler können gleichzeitig spielen.
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Neues Katzenspielzeug

Neu in der Switch-Version ist der Online-Multiplayer. Während man auf der Wii U nur lokal zu viert ein Level bestreiten konnte, darf man sich nun global austoben. Ob bei den einstigen Kameraproblemen bei vier Spielern gleichzeitig am Bildschirm nachgeschraubt wurde, kann nicht beurteilt werden, der Onlinemodus war vorab nicht zugänglich.

Richtig, richtig neu dagegen ist das Add-on Bowser's Fury, das mehr Open-World-Mario à la Super Mario Odyssey ist als sein Anhängsel. Am Schmusekatzen-See muss Mario gemeinsam mit Bowser Jr. zahlreiche kleine Atolle erkunden, um Katzeninsignien zu sammeln. Denn alle heiligen Zeiten – geschätzt alle fünf bis zehn Minuten, ich hab's nicht gestoppt – taucht Wut-Bowser auf, eine verseuchte und megalomane Version des Mario-Erzrivalen, der blind vor Wut die gesamte Umgebung im Feuer versinken lässt. Mario kann sich dann verstecken oder Insignien sammeln, damit Bowsers Rage abebbt. Hat man eine bestimmte Anzahl gefunden, schaltet sich die Gigaglocke frei, mit der sich Mario in eine Riesen-Gold-Gadse verwandelt, um Wut-Bowser niederzustrecken. Das erinnert ein wenig an Godzilla versus ein anderes Riesenviech. Schöner Clou: Einige Katzeninsignien lassen sich nur ergattern, wenn der grantige Koopa-König auftaucht und zum Beispiel bestimmte Blöcke mit seinem Feueratem niederbrennt.

Was ist gelungen?

Super Mario 3D World ist ein fast perfektes Jump-'n'-Run, keine Frage. Die Level sind trotz ihrer Verankerung in traditionellen Mario-Thematiken äußerst kreativ und fühlen und spielen sich frisch. So muss man sich hinter Hindernissen vor stürmischen und tödlichen Böen verstecken, über Blöcke, die im Takt verschwinden, Abgründe überwinden oder sich durch ein Glasröhrenlabyrinth manövrieren. Items wie die Superglocke oder die Doppelkirsche, mit der man seine Spielfigur klonen kann, verleihen dem Spiel eine gewisse Taktik, indem sie Levels teilweise einfacher zu bewältigen machen oder sich nur so bestimmte Geheimnisse entdecken lassen.

Überrascht ist der falsche Ausdruck, weil Nintendo nie nur halbe Sachen macht, aber doch erstaunt einen das Ausmaß von Bowser's Fury. Einige Stunden darf man sich am Gadsensee plagen, um alle Katzeninsignien einzusammeln. Die Idee mit zeitgetriebenen Angriffen Bowsers gibt dem Add-on die Spannung, die Mario-Spiele kaum besitzen. Schaffe ich es, mich vor den Feuerangriffen zu verstecken oder dass ich meine Mission rechtzeitig beende, bevor mich die Zorneskröte attackiert? Die Minilevel, die frei zugänglich sind und portionsweise freigeschaltet werden, bieten von waghalsigen Sprungmanövern über Missionen unter Zeitdruck bis hin zu Mini-Bossgegnern alles. Bowser Jr. unterstützt einen entweder per Computer oder von einem zweiten Spieler gesteuert im Kämpfen und Rätsellösen. Bowser's Fury scheint ein Miniblick in die Zukunft zu sein, in der es ein richtiges Open-World-Mario-Spiel geben könnte.

Der Flair des Spiels ist auch heute noch vorhanden.
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Was ist weniger gelungen?

Der Hybrid aus 2D und 3D zeigt seine Schwächen vor allem in der Kamera. Gezielte Sprünge auf Feinde werden fast zur Glückssache: Oft landet man knapp daneben oder springt in einen Feind hinein und verliert ein Leben. Am Anfang dachte ich, ich bin eingerostet, weil ich es nicht zusammenbringe, auf Koopas oder sonstiges zu springen, dabei sind die Perspektive und die Kamera das Hindernis. Aber nicht nur Feinde, auch tricky Situationen mit Lava oder aus dem Boden schießenden Spitzen werden deswegen zur richtigen – und manchmal ärgerlichen – Herausforderung.

Das Problem Kamera zieht sich bis in den Mehrspielermodus hinein. Der ist zwar recht launig und schön chaotisch für zwischendurch, nur, durch den gemeinsamen Spielbildschirm kommt es schnell zu Frustration, wenn Spieler unterschiedlichen Niveaus miteinander zocken. Die Profis kennen das Level und laufen davon, während die anderen noch damit beschäftigt sind herauszufinden, mit welchem Knopf man überhaupt springt. Bleibt man zurück, wird man zum Führenden nach vorne transportiert. Der Mehrspieler- oder, wenn man ehrlich ist, Assistentenmodus in Bowser's Fury macht gleich gar keinen Spaß. Hier übernimmt der zweite Spieler die Rolle von Bowser Jr. und begleitet Mario durch sein Abenteuer, kann dem Klempner gegen Feinde beistehen und diese aus dem Weg räumen – und ja, das war's eigentlich auch schon. Das ist natürlich kein richtiger Mehrspielermodus, sondern eher etwas für Eltern, die ihre Kinder im Jump 'n' Run aushelfen wollen.

Fazit

Super Mario 3D World ist auch acht Jahre nach dem ersten Release ein Jump 'n' Run, das sich trotz traditioneller Wurzeln frisch anfühlt, kreative Level aufweist und in späteren Welten herausfordert. Das Add-on Bowser's Fury ist ein Lichtblick eines Open-World-Mario und überrascht mit einer simplen, aber effektiven Idee. Auch wenn Mehrspielermodi und Kamera ihre unschönen Kratzer hinterlassen: Gadsen-Mario beweist, wie ein Game in Höchstform ausschaut. (Kevin Recher, 10.2.2021)