"Hier spricht Mr. Bond, Propagandaminister des vierten Reichs", tönt es aus dem jüngsten Podcast skandinavischer Neonazis. Die aktuelle Sendung ist ganz dem jüngst in Kärnten verhafteten Österreicher gewidmet, der unter dem Pseudonym Mr. Bond im Internet NS-Wiederbetätigung betrieb. Der Nachricht von der Verhaftung des österreichischen Neonazi-Rappers folgten zu erwartende Reaktionen in der rechtsextremen Online-Community, Mordaufrufe gegen die verantwortlichen Politiker inklusive.

Ungeachtet dessen wurde der 36-jährige Philip H. aus der Justizanstalt Klagenfurt mittlerweile nach Wien verbracht. Über ihn wurde Untersuchungshaft bis vorerst Anfang März verhängt, mit Aussicht auf Verlängerung. Dem Mann droht wegen zahlloser Verstöße gegen das Verbotsgesetz (Herstellung und Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts) und wegen Verhetzung eine mehrjährige Haftstrafe. Er verweigert die Aussage, es gilt die Unschuldsvermutung.

Aufstachelung zu Gewalt

Über Jahre hatte der Mann unter dem Pseudonym Mr. Bond berühmte Rap- oder Pophits gecovert. In seinen selbst gerappten Texten dazu stachelte er jedoch in jedem Lied zu Gewalt gegen Juden und Nichtweiße an. Mordaufrufe gegen politische Gegner und Homosexuelle standen an der Tagesordnung. Aus dem Hit "I Wanna Love You" von Akon & Snoop Dogg wurde "I Wanna Gas You" ("Ich will dich vergasen") und aus Gary Jules' "Mad World" wurde bei Mr. Bond "Race War" ("Rassenkrieg"). Den Refrain dichtete er um auf "Es ist Zeit, das Vergasen zu starten, beginnt den Rassenkrieg".

Das dürfte nicht nur strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auch Verstöße gegen das Urheberrecht können Philip H. vorgeworfen werden, immerhin sind die Originallieder seiner Cover durch die Bank die größten Hits bekannter Musiker, darunter Eminem, Samy Deluxe oder die Scorpions. Mr. Bonds Coverversionen davon wurden auf zahllosen Plattformen im Internet verbreitet.

Ein wichtiger Erfolg auch für das BVT: die Festnahme des Nazi-Rappers.
Foto: Christian Fischer

Auf Philip H. gehen aber nicht nur dutzende verhetzende Lieder und hunderte gleichgesinnte Kommentare in sozialen Medien zurück. Er soll auch das Manifest des rassistischen Attentäters von Christchurch ins Deutsche übersetzt haben. Der Neuseeländer dürfte sich, ebenso wie Philip H., in einer neonazistischen Online-Community radikalisiert haben. Im März 2019 ermordete er bei einem Anschlag auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch 51 Menschen. Von H. brachte ihm dies die Bezeichnung als "Heiliger" ein. "Ich liebe diesen Mann", schrieb H. am Tag nach dem Anschlag.

Wenige Monate später zog ein weiterer Rechtsextremist im deutschen Halle mit zahlreichen selbstgebastelten Waffen los, um in eine Synagoge einzudringen. Ihm diente ein Lied des Festgenommenen als Soundtrack zum Amoklauf. Auf dem Weg zur Synagoge spielte er ein Lied von Mr. Bond im Auto für den laufenden Livestream. Mr. Bond wäre für ihn der "Kommentar zur Tat," so der verurteilte Mörder vor Gericht. Philip H. aber zeigte sich in einschlägigen Kreisen enttäuscht: "Der Typ erschoss nur zwei Deutsche, keine Moslems oder Ähnliches. Ein massives Versagen." Begeistert hingegen war er vom Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke, den verdächtigen Neonazi nannte H. einen "deutschen Helden".

Erfolg nach langen Ermittlungen

Unter Zuhilfenahme gleich mehrerer Polizeieinheiten sowie des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurde der Verdächtige hinter Mr. Bond bereits am 20. Jänner im Haus seiner Familie in der Kärntner Gemeinde Paternion festgenommen. Nach monatelangen Ermittlungen konnten ihn die Fahnder "zweifelsfrei" identifizieren, so ein Sprecher des Innenministeriums. Nach Recherchen des STANDARD und der Plattform Stopptdierechten.at ist der Mann Sohn eines ehemaligen Lokalpolitikers. Bei der Hausdurchsuchung wurde neben "Waffen, einer Reichskriegsflagge und NS-Devotionalien" auch ein Mischpult sichergestellt. Gefunden wurde eine Faustfeuerwaffe mit Munition und ein Luftdruckgewehr, aber kein Waffenpass.

In der Gemeinde bei Villach ist die Festnahme des Nazi-Rappers seit Tagen das Topthema. Gekannt will man Philip H. nicht haben. "Der Beschuldigte hat in keiner Weise am Gemeindeleben im Ort teilgenommen", so Manuel Müller, der Bürgermeister der Gemeinde, im Gespräch mit dem STANDARD: "Hetze darf keinen Platz in unserer Gemeinde haben."

Bekannt war der Nazi-Rapper aber mindestens in einschlägigen Kreisen online. Seine Kontakte reichten bis in rechtsextremistische Kreise in den USA und nach Skandinavien, wo man H. mittlerweile als "politischen Gefangenen" bezeichnet. In einem Kommentar schreibt ein Nutzer: "Deine Musik hat mich erleuchtet, Mann. Wir werden dich rächen." Anderswo überschlagen sich die Gewaltfantasien. "Er hätte auf die Polizei schießen sollen," schreibt ein User und beschimpft die Polizei antisemitisch. Im selben Ton richtet sich dort ein österreichischer Nutzer gegen den österreichischen Innenminister. "Wir werden Nehammer hängen."

Die Saat des Hasses und der Gewalt, die Mr. Bond jahrelang online gesät hat, scheint aufzugehen. Hatte Philip H. noch 2016 in einem seiner rassistischen Lieder gefordert, "Mohammed soll wegen Verhetzung vor Gericht gestellt werden", ist es nun er selbst, der potenziell für viele Jahre hinter Gittern landet. (Christof Mackinger, 5.2.2021)