Katzen-Shirt und rotes Stirnband: Keith Gill entspricht äußerlich nicht unbedingt dem Klischeebild eines Aktionärs.

Foto: YouTube Screenshot / Roaring Kitty

Die Börse ist keine Einbahnstraße. Diese Erkenntnis mussten viele Kleinanleger machen, die ihr Geld aufgrund von Reddit-Posts und anderen Social-Media-Aufrufen in die Gamestop-Aktie gesteckt hatten. Hatte die Aktie zuvor noch einen Peak von rund 483 Dollar erreicht, stürzte sie in dieser Woche massiv ab und schloss am Donnerstag mit 53,50 Dollar. Nun werden Rufe nach rechtlichen Schritten lauter, und neben dem Namen von Robinhood-CEO Vladimir Tenev fällt auch jener eines bis zuletzt weitgehend unbekannten Youtubers: Keith Gill, der auf Reddit unter dem Usernamen "DeepFuckingValue" und auf Youtube mit dem Account "Roaring Kitty" agiert.

Keith Gill: Der Mann mit den Gamestop-Aktien

So heißt es in diversen Medienberichten des "Wall Street Journal" und der "New York Times", dass Keith Gill zu den ersten Usern gehörte, die auf dem Subreddit r/wallstreetbets den Run auf die Aktien des Offline-Computerspielehändlers Gamestop befeuert hatten. Auf Wikipedia hat DeepFuckingValue inzwischen auch einen eigenen Eintrag.

Keith Gill hatte bereits zuvor in Gamestop-Aktien investiert und entsprechend vom Boom profitiert. So postete er etwa letzte Woche, zum Höhepunkt der Gamestop-Manie, einen Screenshot, welcher das Ausmaß seines Portfolios zeigte: 48 Millionen Dollar soll sein Gaming-Investment zu diesem Zeitpunkt wert gewesen sein – wiewohl diese Zahl nicht von externer Seite verifiziert werden konnte.

Dass er an den Erfolg von Gamestop glaube, hatte Keith Gill aber bereits lange zuvor verkündet – nämlich im Sommer 2020 auf seinem Youtube-Account "Roaring Kitty". Hier analysiert er das Geschäftsmodell in einem zwanglosen Plauderton, den man sonst eher von Twitch-Streamern und diversen Influencern kennt.

Roaring Kitty

Der Börsianer mit der Sonnenbrille

Gill ist 34 Jahre alt und Vater einer zweijährigen Tochter. Einem Porträt des "Wall Street Journal" zufolge verlegte er sein Youtube-Studio in den Keller seines Hauses, um das eigene Kind nachts nicht beim Schlafen zu stören. Verständlich, denn seine Videos sind nicht das, was man sich normalerweise unter der Aktienanalyse vorstellt.

So gab es etwa ergänzend zum bereits erwähnten Video vergangenen Jahres kürzlich einen siebenstündigen Livestream, in dem "Roaring Kitty" Aktiencharts begutachtete und Fragen seiner Fans beantwortete. Sein Outfit: T-Shirt, rotes Stirnband, Sonnenbrille. Zwischendurch hielt er während des Streams inne, um einen Schluck Bier zu trinken.

Roaring Kitty

Gegenüber US-Medien betont Gill dabei, dass es nie darum gegangen sei, die Aufmerksamkeit der "Großen" auf sich zu ziehen. Viel mehr heißt es von seiner Mutter in einem Interview, dass ihr Sohn "immer schon Geld mochte": Unter anderem habe er als Kind achtlos weggeworfene Lose eingesammelt und diese eingelöst, um zumindest den damit ergatterten Trostpreis einzusacken.

Kongress beruft "DeepFuckingValue" ein

Gerade mit dem Punkt der nicht intendierten Aufmerksamkeit dürfte Gill sich aber verkalkuliert haben. Denn die Aufmerksamkeit ist ihm nun sehr wohl gewiss. So hat die Kongressabgeordnete Maxine Waters Gill neben anderen Akteuren rund um die Gamestop-Bubble zu einer Anhörung geladen.

Parallel dazu heißt es in einem Beitrag der "New York Times", dass es kritische Worte von Gills ehemaligem Arbeitgeber gibt: MassMutual, ein Finanzdienstleister, gibt dort an, dass man von Gills Nebenerwerb nichts gewusst habe – und wenn man davon Kenntnis gehabt hätte, dann hätte man dieses Verhalten untersagt oder ihn gar gleich gekündigt. Zum Zeitpunkt der Trades war Gill noch bei MassMutual beschäftigt. Nun überprüft der Arbeitgeber, ob Regeln gebrochen wurden. (Stefan Mey, 5.2.2021)