In diesen ersten Wochen der Präsidentschaft Joe Bidens dreht sich alles um Symbole. Und so war es denn auch ein zutiefst symbolischer Akt, dass Biden seine erste außenpolitische Rede im Hauptquartier der US-Diplomatie hielt. Die Wahl des Ortes, normalerweise nur eine Randnotiz wert, wird in diesem Fall zum Programm – weil auch sie für den Bruch mit der Politik seines Vorgängers steht.

Donald Trump hat 16 Monate gebraucht, ehe er sich im Außenministerium blicken ließ. Erst nachdem er Mike Pompeo zum Minister gemacht hatte, würdigte er das State Department eines Besuchs. Biden ließ nach seiner Vereidigung nur wenige Tage verstreichen, ehe er dort auf der Bühne stand. Er wollte den Diplomaten, die Trump wie überflüssige Bürokraten behandelt hatte, das Gefühl geben, dass man ihre Expertise wieder zu schätzen wisse. Und der Welt eine Rückkehr zur Normalität signalisieren. Institutionen zählen wieder, Außenpolitik wird nicht mehr mit Tweets gemacht, an die Stelle täglicher Aufreger tritt solide Berechenbarkeit – das ist seine Botschaft.

Seine erste außenpolitische Rede hielt Joe Biden am State Department – ein zutiefst symbolischer Akt.
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Zunächst bemüht sich Biden darum, entstandenen Schaden zu reparieren. Wenn er den Wert traditioneller Allianzen betont, kann man das auch als Geste der Demut, ja, der Entschuldigung gegenüber den Verbündeten verstehen. Denn er weiß nur zu genau, wie sehr das Vertrauen gelitten hat. Mit Trump ist den Europäern klar geworden, wie leicht ein neuer Mann im Weißen Haus abreißen kann, was sein Vorgänger aufgebaut hat. Man denke nur an das Atomabkommen mit dem Iran, von Obama ausgehandelt, von dessen Nachfolger gekippt. Indem Biden den Truppenabzug aus Deutschland auf Eis legt, kassiert er eine Entscheidung, die Trump nicht aus strategischem Kalkül traf, sondern vor allem, um Angela Merkel, eine Verfechterin des Multilateralen, seine Macht spüren zu lassen. Der Rückzug vom Rückzug soll symbolisieren, dass sie vorbei ist, die Zeit für Spielchen, die vielleicht ein Ego befriedigen, aber in der Sache nur schaden.

Nun kann dieser Veteran der Politik keine Garantien geben, dass in vier Jahren nicht ein zweiter Trump im Weißen Haus einzieht, ein Nationalist mit "America first"-Parolen. Das Eis, auf dem sich Transatlantiker wie er im eigenen Land bewegen, ist nicht besonders dick. Doch zumindest kann er sich als Chef des Reparaturbetriebs "Joe Biden Inc." zu jenem multilateralen und regelgebundenen Handeln bekennen, in dem sein Vorgänger nur eine Zwangsjacke sah, die ihn in seinen außenpolitischen Geschäften behinderte. (Frank Herrmann, 5.2.2021)