Gesperrte Geschäfte trugen ebenso zur Rezession bei.

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Seit die Nachricht die Runde machte, dass Österreichs Wirtschaft zuletzt den größten Einbruch innerhalb der EU verzeichnet hat, werden die Gründe dieser Entwicklung kontroversiell diskutiert. Liegt es nur am Tourismus, der schon im Herbst wegen der Reisewarnungen unter massiven Druck geraten ist? Oder gibt es noch andere Faktoren, die zur misslichen Position des Landes führten?

Minus 4,3 Prozent

Die Ausgangslage zeigt sich anhand der von Eurostat publizierten Daten. Österreichs Wirtschaft schrumpfte im vierten Quartal 2020 im Vergleich zum dritten Quartal um 4,3 Prozent. Das ist der schlechteste Wert in der Union, die EU verzeichnete einen Rückgang von nur 0,5 Prozent. Allerdings haben noch nicht alle Länder ihre Daten gemeldet, signifikante Änderungen sind aber unrealistisch. Vergleicht man die Monate Oktober bis Dezember mit dem Vergleichszeitraum des Jahres 2019, ergibt das für Österreich ein Minus von 7,8 Prozent, für die EU von 4,8 Prozent.

Die Grafik bewertet die Lockdowns nach ihrer Schärfe. Bei den harten Schließungen wie beispielsweise von Geschäften, Dienstleistern und Schulen kommt Österreich auf vergleichsweise viele Tage.

Die Regierung war die ganze Woche bestrebt, den Absturz einerseits zu relativieren, andererseits mit dem Tourismus zu erklären. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verwies darauf, dass der Fremdenverkehr mit einem Anteil von mehr als fünf Prozent an der Wirtschaftsleistung fast doppelt so groß sei wie jener in ganz Europa.

Breiter Abschwung

Die Daten sind unbestritten, doch führen Ökonomen ins Treffen, dass der Tourismus nicht die einzige Erklärung für die Schrumpfkur sein könne. Auch die Schnellschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts bringt Hinweise auf einen breiteren Abschwung. Der Sektor, der gegen Jahresende am stärksten eingebrochen ist, waren die sonstigen Dienstleistungen. Hier gab es ein Minus von 25 Prozent zum Vorquartal. Enthalten sind darin persönliche Dienstleistungen wie Kosmetikstudios und Friseure, aber auch der in Österreich besonders große Bereich Sport, Kultur, Unterhaltung und Ähnliches. Und klarerweise ist der Handel unter die Räder gekommen.

Dass die Einbußen außerhalb des Tourismus so groß waren, liegt auch an den besonders hohen Infektionszahlen in Österreich im Herbst und den folgenden Lockdowns, sagt Helmut Hofer, Ökonom am Institut für Höhere Studien. Sie drückten nicht nur auf den Konsum, sondern sorgten auch für höhere Arbeitsausfälle.

Lockdown als "Holzhammer"

In diese Kerbe schlägt der Volkswirt Lukas Sustala. Der Chef des Neos Lab hat eine laufende Untersuchung der Universität Oxford ausgewertet, die ergibt: Österreich zählt zu den Ländern, die seit Ausbruch der Pandemie besonders rigorose Maßnahmen gesetzt haben. Die Zahl der Tage in harten Lockdowns liegt mit 79 vergleichsweise hoch. Sustala spricht vom "Holzhammer", den die Koalition ausgepackt habe, der aber "bestenfalls zu mittelmäßigen Ergebnissen geführt hat".

Andere Länder seien regional oder branchenmäßig differenzierter vorgegangen und hätten damit der Wirtschaft weniger stark geschadet, erläutert der Neos-Experte. Österreich habe "überhaupt nicht gelernt, wie man großflächige Lockdowns mit den entsprechenden Kollateralschäden zum Ausnahmefall machen kann".

Die Folge war "Zwangssparen", wie Zahlen der Nationalbank zeigen. Weil die Menschen weniger ausgeben, stieg die Sparquote im Vorjahr von zuvor 8,2 auf 13,7 Prozent. (Andreas Schnauder, 6.2.2021)