Elena (Matilda De Angelis) hält Ausschau nach ihrem 35 Jahre älteren Lover.

Foto: Home Box Office

Auch wenn wir in Videokonferenzen noch so eifrig vor Bücherwänden posieren, bleibt nicht verborgen, dass wir seit fast einem Jahr verdammt viel Zeit vor der Glotze verbringen. Ganze Abende, ach was, ganze Nächte und Wochenenden hängen wir fiktionalen Film- und Serienwelten an. Sphären, in denen es (noch) kein Corona, offene Restaurants, vor Schweiß dampfende Tanzflächen oder betrunkenes Schmusen mit Fremden in Bars gibt.

Serien und Filme sind eine soziale Welt für sich, die uns prägt. Doch die Flucht an diese fiktiven Orte stresst auch: Die Frauen sind entweder sehr jung, perfekt gealtert oder schlicht ganz alterslos – im Allgemeinen sind sie jedenfalls sehr schön. Oder anders gesagt: völlig im Rahmen der Schönheitsnorm. Schlank, sportlich, perfekte Haut, wunderschöne Frisur (autsch!). Es ist alles genau so, wie wir es von Werbebildern von Kosmetikkonzernen kennen.

Die österreichische Schauspielerin Mavie Hörbiger hat vor kurzem via Twitter davon erzählt, dass sie für eine Rolle abgelehnt wurde, weil man sich für einen jüngeren Cast entschieden habe. Hörbiger ist 41.

Es fühlt sich auch gar nicht gut an, wenn wir in Serien sehen, dass hingegen das Alter bei Schauspielern offenbar so überhaupt kein Thema ist. Da spielt etwa in der Serie "Big Little Lies" eine rund 30-jährige Zoë Kravitz die Partnerin von Nathan Carlson, der zur Drehzeit von dem 50-jährigen James Tupper verkörpert wird. Freilich ohne dass der große Alternsunterschied in der Serie auch nur irgendwie thematisiert wird. In Filmen mit dem heute 58-jährigen Tom Cruise sucht man auch vergeblich eine weibliche Figur mit einer größeren Rolle in seinem Alter. In den letzten beiden "Mission: Impossible"-Filmen (von 2015 und 2017) sind die wichtigen Frauenrollen mit mindestens 20 Jahre jüngeren Frauen besetzt.

Oder: In der Serie "The Undoing" spielt Hugh Grant (60) den Lover einer jungen Frau, deren Darstellerin 25 Jahre alt ist. Sie ist also 35 Jahre jünger! Grants Ehefrau spielt immerhin, so könnte man einwenden, Nicole Kidman – und die ist immerhin auch schon 53. Doch seien wir ehrlich: Nur weil man ihr ihr Alter keine Sekunde ansieht, spielt Kidman noch mit. Gerade in "The Undoing" gibt es zahllose Nahaufnahmen von Kidman, und tatsächlich: keine Falte. Nirgends. Nichts.

Längere Männerkarrieren

Das sind keine Einzelbeispiele. Vielmehr ist es eine frauenverachtende Praxis, die bestimmend dafür ist, wen wir abends auf unserer Couch sehen und wen nicht. Frauen jenseits der 40 sind es definitiv nicht. Das bestätigte auch eine Studie aus dem Jahr 2019: Darstellerinnen müssen jung sein, mit dem Ergebnis, dass die Karrieren von Männern in der Regel länger dauern. Sie haben nach Durststrecken auch eine höhere Chance als Frauen, wieder eine Rolle zu ergattern.

Das ist für Schauspieler*innen ebenso übel wie für Zuseher*innen, die so gezwungenermaßen und meist unbewusst viel Zeit mit klischeehaften und verzerrten Bildern verbringen. So wird das nichts mit der Entspannung vor der Glotze. (Beate Hausbichler, 11.2.2021)