Darf die Katze Jagd auf ein Spielzeug machen, verschont sie dafür vielleicht einen Vogel.
Foto: Martina Ceccheti

Das Musical "Cats" endet mit Pomp und Chorgesang in einer Anweisung, wie man sich einer Katze gegenüber zu verhalten habe. Die Tipps sind allerdings eher zweifelhaft. Ein Schüsselchen Obers? Das mag den Geschmacksknospen einer Katze schmeicheln, dafür bereitet die Laktose ihrem Verdauungsapparat erhebliche Probleme.

Besser auf das hören, was britische Forscher nun im Fachjournal "Current Biology" vorschlagen. Nämlich auf eine Ernährung zu setzen, die reich an tierischem Protein – also an Fleisch statt Ersatzprodukten – ist. Und mit der Katze so zu spielen, dass sie ihr natürliches Jagd- und Tötungsverhalten ausleben kann. Das ermögliche nicht nur der Katze ein erfülltes Leben, es senke auch deutlich das Risiko, dass das vermeintliche Schmusetier außer Haus zum Killer wird – der eigentliche Forschungsgegenstand der Studie.

Millionen tote Tiere

Viele Katzenfreunde hören es nicht gerne, aber ihre kleinen Lieblinge ergeben in Summe ein großes ökologisches Problem. Als niederländische Juristen 2019 ein Ausgehverbot für Katzen forderten, überdeckte der erwartbare Aufschrei rasch die Zahlen, auf die sie sich dabei berufen hatten. Etwa dass Katzen alleine in Deutschland pro Jahr 25 bis 100 Millionen Vögel erlegen.

Die erschreckendsten Zahlen kommen verlässlich aus Australien, wo die ökologischen Auswirkungen von Hauskatzen seit Jahren genau überwacht werden. So berichtete die Organisation Threatened Species Recovery Hub vor knapp einem Jahr, dass Hauskatzen pro Jahr 300 Millionen Vögel, Kleinsäugetiere und Reptilien auf dem Gewissen haben. Und das bezog sich wohlgemerkt nicht auf verwilderte Katzen, ein großes Problem in vielen Regionen der Welt. Nein, es ging nur um jene Katzen, die nach getaner Tat nach Hause zurückkommen und sich von ihren Besitzern streicheln und füttern lassen.

Den Katzen selbst kann man dabei keinen Vorwurf machen. Sie folgen nicht nur ihren natürlichen Instinkten, sie halten sich genau genommen auch an den Vertrag, der bei ihrer Domestizierung abgeschlossen wurde. Bevor sie zu Spielgefährten wurden, sollten sie vor allem Jagd auf Schädlinge machen. Und während Menschen und Hunde gemeinsam auf Jagd gingen, ließ man die Katzen in der Regel autonom Kornspeicher und andere Nahrungsmittelvorräte bewachen. Die implizite Anweisung "Kümmert euch darum" befolgen sie bis heute; gründlicher, als der Kleintierfauna rings um Siedlungsgebiete lieb sein kann.

Drei Faktoren im Test

Doch wie lässt sich das Töten einbremsen? Dafür hat ein Team um Robbie McDonald von der Universität Exeter nun ein mehrteiliges Experiment durchgeführt, das sich über zwölf Wochen erstreckte. Insgesamt 219 Haushalte im Südwesten Englands und 355 Katzen nahmen daran teil. Getestet wurde der Einfluss von drei Faktoren auf die Tötungsquote der Tiere: die Zusammensetzung des Futters, jagdverhaltenförderndes Spielen und sogenanntes Puzzle-Feeding. Letzteres bedeutet, dass das Futter nicht einfach in die Schüssel gekippt, sondern im Inneren irgendeines einfachen Mechanismus präsentiert wird, den die Tiere erst einmal "knacken" müssen. Zoos verwenden so etwas gerne, um ihre Tiere geistig fit zu halten.

Für den von der Studie ersehnten Zweck erwiesen sich die Puzzle-Feeder aber als untauglich. Die Katzenbesitzer, die an der Studie teilnahmen, berichteten sogar, dass ihre Lieblinge anschließend noch mehr tote Tiere anschleppten. Möglicherweise hat die umständlichere Art der Fütterung die Katzen hungriger werden lassen, spekulieren die Forscher.

Abmilderung, aber keine vollständige Lösung

Wirkung zeigten dafür die beiden anderen Strategien. So brachten Katzen, die mit tierischem Protein gefüttert wurden, um 36 Prozent weniger Beutetiere nach Hause. Ersatzstoffe wie Soja mögen ausreichen, um die Katze zu ernähren, sagt McDonalds Kollegin Martina Cecchetti. Es könnte aber der eine oder andere Mikronährstoff fehlen, und dieser Mangel treibe die Katze auf die Jagd. Weitere Studien sollen untersuchen, welche Mikronährstoffe da eine Rolle spielen könnten, um das Katzenfutter der Zukunft ganzheitlicher zu machen.

Als ähnlich effektiv erwies es sich, wenn die Besitzer mit ihren Katzen wenigstens fünf bis zehn Minuten pro Tag durch Spielen Jagd simulierten. McDonalds Tipp: der Katze ein Federbüschel oder Ähnliches an einer Schnur vor der Nase baumeln lassen und ihr am Ende, wenn sie oft genug danach geschnappt hat, ein etwas robusteres Spielzeug hinwerfen, das sie "töten" kann. Das dürfte für viele Katzenliebhaber nichts Neues sein, kommt nun aber mit der Information, dass solche Jagdspiele die reale Tötungsquote um 25 Prozent senken.

Freilich sind minus 36 respektive 25 Prozent immer noch weit von null entfernt, am Ende vielleicht zu wenig für den Artenschutz. Als einzig wasserdichte Methode bleibt laut McDonald leider die unpopuläre Maßnahme, die Katze nicht aus dem Haus zu lassen. (jdo, 12. 2. 2021)