Flüchtlinge an der österreichisch-slowenischen Grenze.

Foto: AFP / VLADIMIR SIMICEK

Seit Herbst 2020 mehren sich die Berichte über illegale "Pushbacks" von Asylwerbern an der österreichischen Grenze zu Slowenien, wie DER STANDARD berichtete. Nun haben Aktivistinnen eine 24-Stunden-Helpline namens "Alarm Phone Austria" gegründet, die seit Montag in Betrieb ist. Sie soll Menschen nach der Grenzüberquerung helfen, mit der nächstgelegenen Polizeistelle in Kontakt zu treten, um einen Asylantrag zu stellen. "Und falls das nicht möglich ist, sollen zumindest die Pushbacks dokumentiert werden", sagten die Initiatorinnen Klaudia Wieser und Monika Mokre bei der Präsentation ihrer Initiative am Montag.

Zurückweisungen an der Grenze ohne individuelle Prüfung des Schutzbedarfs sind laut Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und EU-Recht illegal, wenn ein Mensch zum Ausdruck bringt, dass er einen Asylantrag stellen möchte. Das liegt vor, sobald das Wort "Asyl" ausgesprochen wurde.

Berichte aus der Steiermark

Im September 2020 wurde, wie berichtet, ein solcher Zurückweisungsfall an der südsteirischen Grenze dokumentiert. Die Polizei soll sieben Personen, darunter drei Minderjährige, trotz Asylantrags nach Slowenien zurückgeschoben haben. Das Innenministerium dementierte den Vorfall. Die betroffenen Personen hätten das Wort "Asyl" nicht ausgesprochen. Der Rechtsanwalt Clemens Lahner brachte eine nach wie vor anhängige Maßnahmenbeschwerde gegen die Polizei ein.

Die slowenische Rechtsberatungs-NGO PIC sagte daraufhin im STANDARD-Gespräch, dass sie in den Herbstmonaten mindestens 50 bis 70 ähnliche Fälle wahrgenommen habe. Mittlerweile sei diese Zahl auf 180 Personen angewachsen, berichtet Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich. Zu beweisen seien "Pushbacks" jedoch schwer, weil meist Aussage gegen Aussage (Geflüchtete gegen Polizei) stehe, so Gahleitner. Hier soll Alarm Phone Austria Abhilfe leisten.

Kettenabschiebungen dokumentieren

Die Initiatorinnen der bisher privat finanzierten Hotline hoffen, dass dadurch auch "die österreichische Rolle im Zusammenhang mit Kettenabschiebungen bis nach Bosnien genauer beleuchtet und dokumentiert wird".

Meist werden zurückgewiesene Menschen, wie auch im September 2020, von Slowenien weiter nach Kroatien und von dort über die EU-Außengrenze nach Bosnien abgeschoben. Die Brutalität, mit der die kroatische Polizei dabei vorgeht, ist in zahlreichen Fällen dokumentiert und hat international bereits für heftige Kritik gesorgt. Die EU-Kommission hat eine diesbezügliche Untersuchung eingeleitet. "Was wir hier sehen, ist eine Aushebelung des Rechts auf Asyl in der gesamten Europäischen Union", sagt Mokre. Die Situation werde "immer schlimmer".

Auch die österreichische Bevölkerung kann sich an Alarm Phone Austria wenden, um etwa zu berichten, wenn man Zeuge einer Zurückweisung wurde. Die Helpline solle wie das Kältetelefon der Caritas funktionieren, zog Wieser als Beispiel heran. (jop, 10.2.2021)